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AnalyseScheitern und Chancen der „Roten Löwen“: Die Weichen für die Play-offs stellen

Analyse / Scheitern und Chancen der „Roten Löwen“: Die Weichen für die Play-offs stellen
Enttäuschung pur bei Leandro Barreiro, Mathias Olesen und Laurent Jans (v.l.n.r.) während der Danksagung an die Fans Foto: Editpress/Gerry Schmit

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Nach der 0:1-Niederlage gegen die Slowakei ist die direkte Teilnahme an der Europameisterschaft erst einmal auf Eis gelegt. Eine Analyse über den Doppeltermin, Chancen für die Zukunft und Personal-Management.

Scheitern und Chance

Nach der 0:1-Niederlage gegen die Slowakei steht fest, dass die Chancen der Luxemburger, sich über die reguläre Qualifikation für die Europameisterschaft 2024, fast nichtig sind. Bei zwei verbleibenden Spielen beträgt der Rückstand auf den Gegner vom Montag fünf Punkte. Die FLF-Auswahl ist demnach theoretisch an der Mission EM-Ticket gescheitert. Eine Mission, die eigentlich keine war, denn die „Roten Löwen“ waren vor dieser EM-Qualifikation nicht Kandidat Nummer eins oder zwei auf Platz zwei. Trotzdem ist die Enttäuschung berechtigt, denn Luxemburg hatte die Slowakei am Haken, konnte diese Dominanz jedoch nicht in Tore umwandeln. Dabei war in dieser Quali die lang ersehnte Effizienz vor dem Tor endlich vorhanden. Die FLF-Auswahl brauchte in den vergangenen Monaten nur wenige Chancen, um zum Torerfolg zu kommen. Schlussendlich entschied die mangelnde Verwertung der Torgelegenheiten aber dieses entscheidende Duell.

Am Morgen nach der Niederlage sah die Welt der Spieler mit Blick auf die nächste Chance aber bestimmt schon etwas anders aus. Dadurch, dass sich die Türkei direkt für die EM qualifizierte, rutschte Luxemburg am Sonntagabend als bester Zweitplatzierter in die Nations-League-Play-offs nach. Laut aktuellem Stand der Dinge wird die FLF-Auswahl am 21. März 2024 in Tiflis auf Georgien treffen. Gewinnt Luxemburg dieses Halbfinale, spielt die Mannschaft von Nationaltrainer Luc Holtz am 26. März gegen den Sieger der Partie Griechenland – Kasachstan um das letzte verbleibende EM-Ticket.

Die Wechsel-Frage

Viele Zuschauer fragten sich nach dem Spiel, warum Holtz in der zweiten Hälfte nur sehr spät zwei Wechsel vornahm. Sichtlich fehlte einigen FLF-Spielern nämlich der Saft, um noch einmal auf den Rückstand reagieren zu können. Aus der Sicht des Nationaltrainers hätten Wechsel in der Schlussphase dieses Spiels nichts mehr gebracht: „In den letzten 20 Minuten waren die Sprints bei einigen Spielern etwas langsamer. Aber der Einsatz und die Reife, mit der sie agiert haben, blieben gleich. Für mich gab es keinen Grund, einen Wechsel vorzunehmen, weil ich mit der Leistung aller Spieler optimal zufrieden war. Wir haben im ganzen Spiel nur zwei Torchancen des Gegners zugelassen und waren gut im Spiel drin. Hätte ich einen physischen Stürmer gehabt, hätte ich vielleicht früher einen Wechsel vorgenommen.“

Offensiv hatte Holtz bis auf Alessio Curci keine richtigen Optionen zur Verfügung. Der kleine, schnelle Angreifer, der beim belgischen Zweitligisten Francs Borains eine Joker-Rolle innehat, wurde in den Schlussminuten eingewechselt. Für das zentrale Mittelfeld standen Sébastien und Olivier Thill sowie Timothé Rupil als Alternativen zur Verfügung. Alle drei hätten vielleicht noch einen Farbtupfer setzen können. Andererseits stand mit Olesen, Barreiro und Martins das Prunkstück des Luxemburger Spiels zusammen auf dem Feld. Es war sicherlich keine einfache Entscheidung, die Holtz treffen musste, eine oder zwei Einwechslungen kurz nach dem Gegentor hätten dem Spiel aber mit Sicherheit nicht geschadet.

Die Begnadigten

Gerson Rodrigues und Olivier Thill feierten nach ihren Suspendierungen ein Comeback in der Nationalmannschaft. Rodrigues erzielte gegen Island den Ausgleich und war gegen die Slowakei der gefährlichste Luxemburger. Es gibt keine Zweifel daran, dass die FLF-Auswahl auf Rodrigues angewiesen ist – wenn er sich denn an die mannschaftsinternen Regeln hält. Die Wiedereingliederung des Stürmers vom türkischen Erstligisten Sivasspor ist jedoch nicht problemlos verlaufen. Die Suspendierung, die im Juni nach dem 2:0-Sieg gegen Liechtenstein ausgesprochen worden war, hat beim Spieler und bei der Mannschaft ihre Spuren hinterlassen. Rodrigues geht seit seiner Rückkehr auf Distanz zu den meisten Teamkollegen. Ein Grund dafür ist sicherlich auch, dass Danel Sinani mittlerweile „seine“ Nummer Zehn auf dem Rücken trägt. Ein anderer Grund ist, dass einige Mitspieler sich für eine Suspendierung und gegen eine Rückkehr in die Mannschaft aussprachen. Die Wogen müssen in Zukunft geglättet werden, denn die FLF-Auswahl kann es sich eigentlich nicht leisten, auf Rodrigues zu verzichten. Der Stürmer kann sich hingegen auch keine Aussetzer mehr erlauben, die das Gleichgewicht der Mannschaft stören. Bis auf Weiteres ist es eine Beziehung auf Glatteis.

Der Fall Olivier Thill ist anders gelagert. Intern ist der Mittelfeldspieler hoch angesehen. Der 26-Jährige feierte in der Schlussphase des Island-Spiels sein Comeback und konnte nicht direkt auf sich aufmerksam machen. Thill wird aber in Zukunft wieder ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft sein.

Andere Personalfragen

Das Slowakei-Spiel hat es gezeigt: Luxemburg hat keine Alternativen zu Gerson Rodrigues. Vor allem, wenn gleichzeitig auch noch Yvandro Borges verletzt ausfällt. Die Suche nach einem Stürmer ist nicht einfach. Einer, der in Frage kommt, will nicht. Dany Mota vom italienischen Erstligisten Monza träumt weiterhin von einem Einsatz für Portugal. Die beiden letzten EM-Qualifikationsspiele gegen Bosnien (16. November) und Liechtenstein (19. November) werden den Nationaltrainer vielleicht dazu bewegen, ein paar neue Gesichter auszutesten. Einer von ihnen könnte Stürmer Benny Bresch sein. Der 27-Jährige von Marisca Mersch hat bereits neun Tore in der BGL Ligue erzielt und verfügt neben dem Killerinstinkt über ein sehr gutes Gefühl für die richtigen Laufwege. Gegen Liechtenstein sollte Holtz die Möglichkeit nutzen, einen solchen Stürmertypen zu testen. Auch im Hinblick auf die Play-offs könnte es ein interessantes Experiment sein.

Ein Rätsel bleibt weiterhin die Nicht-Nominierung von Tim Hall. Der Innenverteidiger ist Stammspieler beim ungarischen Erstligisten Ujpest Budapest, kommt aber bisher nur auf vier Länderspiele. Der 26-Jährige wäre der technisch beste Abwehrspieler der FLF-Auswahl und zudem neben Dirk Carlson der einzige Linksfuß unter den potenziellen Innenverteidigern.

Das Restprogramm

Die Quali wird mit den Spielen gegen Bosnien (16. November im Stade de Luxembourg) und Liechtenstein (19. November in Vaduz) abgeschlossen. „Wir spielen voll durch. Im Fußball weiß man nie, was passieren wird. Wir werden versuchen, die sechs Punkte zu holen und die Quali mit 17 Punkten abzuschließen“, sagt Luc Holtz.

Unersetzlich, wenn er diszipliniert ist: Gerson Rodrigues
Unersetzlich, wenn er diszipliniert ist: Gerson Rodrigues Foto: Editpress/Jeff Lahr