Headlines

GazaWeiter gegenseitige Schuldzuweisungen nach Beschuss von Krankenhausgelände

Gaza / Weiter gegenseitige Schuldzuweisungen nach Beschuss von Krankenhausgelände
Auch in Ramallah im Westjordanland löste der Beschuss eines Krankenhauses im Gazastreifen Proteste aus Foto: AFP/Yuri Cortez

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Am Tag nach dem tödlichen Beschuss eines Krankenhausgeländes in Gaza gehen die Schuldzuweisungen zwischen Israel und den Palästinensern weiter.

Bei seinem Besuch in Tel Aviv unterstützte US-Präsident Joe Biden am Mittwoch die Version Israels, der zufolge militante Palästinenser für den Vorfall verantwortlich sind. Die im Westjordanland herrschende palästinensische Autonomiebehörde beantragte eine Untersuchung des Vorfalls durch den Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH). Unterdessen stimmte Israel angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen der Lieferung von Hilfsgütern aus Ägypten zu.

Durch die Zerstörungen auf dem Gelände des Ahli-Arab-Krankenhauses in Gaza durch eine Rakete waren nach Angaben der im Gazastreifen herrschenden Hamas-Regierung mehr als 470 Menschen ums Leben gekommen und weitere 300 verletzt worden. Helfer durchsuchten am Mittwoch die Trümmer der Klinik nach Toten und Vermissten. Überlebende berichteten von einer Explosion und Feuer auf dem Gelände, auf dem sich neben Ärzten und Patienten auch zahlreiche Schutzsuchende befanden.

Die israelischen Streitkräfte legten nach eigenen Angaben „Beweise“ vor, „dass die Explosion durch eine fehlgeleitete Rakete des Islamischen Dschihad ausgelöst wurde“. Die USA stellten sich hinter die israelische Darstellung. „Basierend auf den Informationen, die wir bislang gesehen haben, scheint es die Folge einer fehlgeleiteten Rakete zu sein, die von einer Terroristengruppe in Gaza abgefeuert wurde“, sagte US-Präsident Joe Biden bei seinem Besuch in Tel Aviv.

Der Islamische Dschihad ist eine mit der Hamas verbündete Palästinensermiliz, die von den USA, der Europäischen Union und Israel als Terrororganisation eingestuft wird.

Die im Westjordanland herrschende palästinensische Autonomiebehörde beantragte eine Untersuchung des Vorfalls durch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). „Wir brauchen eine internationale Untersuchung“, sagte die Vertreterin der Palästinenserregierung in Frankreich, Hala Abu Hassira. Für sie stehe fest, dass Israel die Schuld trage, fügte sie hinzu. „Es ist nicht das erste Mal, dass Israel zivile Infrastruktur und insbesondere Krankenhäuser ins Visier nimmt.“

Heftige Proteste in arabischen Ländern

In vielen Ländern der arabischen Welt kam es infolge der vielen Toten auf dem Krankenhausgelände zu heftigen Protesten gegen Israel. Unter anderem im Libanon, im Jemen, in Jordanien, Tunesien, Syrien, dem Iran und im Westjordanland gingen zahlreiche Menschen auf die Straße. Vielerorts schwenkten die Demonstranten palästinensische Flaggen und Fahnen der Hamas. Sie machten Israel für den Raketeneinschlag verantwortlich.

Die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OCI) erklärte nach einem Krisentreffen der Außenminister der 57 Staaten, es sei bedauerlich, dass Israels „brutale Aggression gegen das palästinensische Volk“ internationale Unterstützung erfahre.

Die radikalislamische Hamas hatte am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel gestartet und dabei etwa 1.400 Menschen in Israel getötet und rund 200 weitere in den Gazastreifen verschleppt. Israel riegelte daraufhin das Palästinensergebiet ab und stoppte die Lieferung von Treibstoff, Lebensmitteln und Wasser. Zugleich griff die israelische Armee den Gazastreifen aus der Luft an und kündigte eine Bodenoffensive an. Nach Hamas-Angaben wurden bei israelischen Angriffen bislang mindestens 3.478 Menschen im Gazastreifen getötet.

Hilfslieferungen nur aus Ägypten zugelassen

Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im abgeriegelten Gazastreifen machte Israel am Mittwoch den Weg für Hilfslieferungen aus Ägypten frei. Israel werde sich dem Aufruf von US-Präsident Biden, die Zivilbevölkerung im Süden des Gazastreifens mit Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten zu versorgen, nicht entgegenstellen, erklärte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Die Hilfe werde so lange zugelassen, „wie diese Lieferungen nicht die Hamas erreichen“, hieß es weiter. Von israelischem Territorium würden aber keine Hilfslieferungen für die Bevölkerung im Gazastreifen starten, bis die dort herrschende Hamas alle verschleppten Geiseln freigelassen habe.

Nach Einschätzungen der Vereinten Nationen sind bislang rund eine Million der 2,4 Millionen Einwohner des Gazastreifens in den Süden des Palästinensergebiets geflohen. Auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel, die an den Süden des Gazastreifens grenzt, stauen sich bereits Lkw-Konvois mit Hilfslieferungen.

Bisher wurde der Übergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten, der einzige nicht von Israel kontrollierte Übergang, von ägyptischer Seite nicht geöffnet. Als ein Grund wurde unter anderem der Beschuss des Grenzübergangs durch die israelische Armee angegeben.

Dem UN-Sicherheitsrat gelang es erneut nicht, eine gemeinsame Resolution zum Krieg zwischen Israel und der Hamas zu verabschieden. Weil das Selbstverteidigungsrecht Israels nicht erwähnt wurde, blockierten die USA einen von Brasilien eingereichten Textvorschlag. Von den 15 Mitgliedern des höchsten UN-Gremiums stimmten in New York zwölf für den Resolutionstext, Russland und Großbritannien enthielten sich. Die Vetomacht USA votierte als einziges Land dagegen. (AFP)