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Lösungsansatz

Lösungsansatz
(Tageblatt)

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Politischer Wille, humanitäre Hilfe und Solidarität: Ohne diese drei Elemente scheitert jeglicher Ansatz, um Menschen auf der Flucht zu helfen.

Allerdings zeigen die aktuellen Debatten, wie sehr sich viele Politiker von hasserfüllten Zeitgenossen vor sich hertreiben lassen. Es überkommen einen fast Ohnmachtsgefühle angesichts der grassierenden Intoleranz: Nicht nur die üblichen Online-Trolle und Wutbürger wettern gegen „Asylanten“, sondern auch Menschen, die es eigentlich besser wissen müssten, sollten oder zumindest könnten.

Dhiraj Sabharwal dsabharwal@tageblatt.lu

Genau hierin liegt jedoch eine der zentralen Schwierigkeiten der aktuellen Flüchtlingsproblematik. Solange normale, streckenweise gutherzige Bürger aus der Mitte unserer Gesellschaften fehlinformiert durch die Welt laufen, bestimmen sie die politische Agenda mit ihrer widersprüchlichen, weil nicht reflektierten Haltung: Man verachtet „sozialschmarotzende Asylanten“, kann sich aber oft nicht mit den Le Pens und Wilders Europas identifizieren, liefert ihnen jedoch den politischen Nährboden. Schönreden oder gar ignorieren sollte man die selbstverschuldete Un- bzw. Fehlinformiertheit vieler Bürger aber nicht. Im Folgenden wollen wir Lösungsansätze diskutieren, die dazu beitragen, die Flüchtlingsdebatte konstruktiver zu führen:

– Flüchtlingen eine Stimme geben: Asylfeindliche Demagogen und Populisten können sich leider oft medial ausbreiten, Flüchtlinge werden hingegen kaum gehört. Ob Bürger, Medien oder Politiker, jeder kann während Diskussionen mit Mythen zur Flüchtlingsfrage aufräumen. Es wäre bereits ein Anfang, darauf hinzuweisen, dass die Flüchtlingsproblematik nur ein Teil der globalen Migrationsbewegungen ist. Zudem repräsentiert die oft kritisierte Süd-Nord-Migration nur knapp 50 Prozent des globalen Trends. Von den anderen 50 Prozent der Süd-Süd-Migration, die zwischen Entwicklungsländern oder von Kriegsgebiet zu Kriegsgebiet stattfindet, spricht fast niemand. Während Europa über ein paar Tausend Flüchtlinge streitet, retten sich unterdessen Menschen aus Syrien oder dem Irak von einer Hölle in die nächste, ohne jemals einen Gedanken an Europa verschwendet zu haben. Wer diesen Menschen helfen will, kann mit etwas Mut und Fingerspitzengefühl fehlinformierte Gesprächspartner konfrontieren und viele ihrer Flüchtlingsmythen als Irrsinn entlarven.

– Flüchtlingen ein Gesicht geben: Die Anonymisierung von Menschen auf der Flucht ist ein zentrales Problem. Die stereotype, oft gesichtslose, homogenisierte Darstellung von Flüchtlingen und die dazu passende Verwendung negativ konnotierter Begriffe wie „Asylant“ oder „Flüchtlingsstrom“ raubt jeder sachlichen Diskussion den Boden. Es ist einfacher, auf anonyme Gruppen als eine schwer verwundete Frau mit Kleinkind zu schimpfen. Sprachliche Differenzierung im Alltag ist somit wichtig und hat nichts mit „political correctness“ zu tun.

– Vorteile von Migration thematisieren: Asylfeindlichkeit ist häufig an Verlustängste gekoppelt. Umso mehr müssen wir gerade in einem multiethnischen Land wie Luxemburg die Vorteile von Migration im weitesten Sinne thematisieren. Zu oft liegt unser Fokus auf Negativbeispielen. Selbst wenn wir nicht allen Menschen auf der Flucht in Europa helfen können und die Probleme eigentlich an der Wurzel gepackt werden sollten, verdient jeder Flüchtling einen humanen Empfang, das Recht, gehört und als Individuum betrachtet zu werden. Nur so entziehen wir Populisten jeglicher Couleur den Nährboden.