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Die bösen, bösen Medien

Die bösen, bösen Medien

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Vor rund einem Jahr starb eine Bekannte an einer ungemein aggressiven und kaum heilbaren Krankheit. Sie hatte ihr ganzes Leben in den Dienst anderer gestellt und kämpfte die letzten Lebensjahre gegen den Krebs. Anfangs mit Erfolg, später erfolglos.

In der Kirche einer kleinen Zentrums-Ortschaft breitete am vergangenen Samstag ein Pfarrer die Hände aus, um während eines Gottesdienstes an diese Frau zu erinnern. Nichts Außergewöhnliches, wäre da nicht die Predigt gewesen, die – gelinde ausgedrückt – skandalös war.

Anstatt an die Frau zu erinnern und sich an deren Familie, die schließlich Geld für diese Messe hinblättern muss, mit tröstenden bzw. aufmunternden Worten zu richten, schlug der Mann im geistlichen Prunkgewand verbal um sich und brachte die katholische Kirche einmal mehr in die Rolle, in der sie – aber nicht nur sie allein – sich sehr gut fühlt: in die Opferrolle.

«Man» (!) führe Krieg gegen seine Kirche, die er, vom Altar auf das Fußvolk herabsehend, als – warum auch immer – Matratze (!?) darstellte, auf die seit geraumer Zeit geklopft werde, damit Staub entweiche, der dann von so manchen (!?) zu «Dreck» gemacht werde.

Diesen Dreck bringe «man» dann in Verbindung mit der Kirche und bla … bla … bla …

Doch der Höhepunkt der Predigt lag zu diesem Zeitpunkt noch vor den «Matchrëschten», wie der Pfarrer das Fußvolk nannte. Schuld an dem, was der katholischen Kirche in den vergangenen Monaten und Jahren passiert sei, seien die Medien. «D’Medie spillen hei eng ganz infekt Roll», so der Mann mit dem Kreuz auf der Brust lauthals und theatralisch zugleich.

Dann lieber lügen!?

Ganz abgesehen davon, dass er – ob mit Vorbedacht oder nicht – vergessen hatte, dass die Bistumszeitung Luxemburger Wort auch unter die Bezeichnung «Medien» fällt, wollte der Mann im Goldgewand doch ernsthaft dem Volk mitteilen, dass in seinem Verein alles im Lot sei, entgegen dem, was die (bösen) Medien schreiben, sagen, zeigen.

Bei allem Verständnis für diese (im Moment jedenfalls noch) vom Staat bezahlten Geschichtenerzähler und bei allem Respekt gegenüber denen, die an diese Geschichten glauben – die oben erwähnten Worte aus Richtung Altar schlagen dem berühmten Fass aber doch den Boden aus.

Nehmen diese Kirche und ihre Mitglieder eigentlich wahr, was sie sich selbst – und nicht etwa die Medien – im Laufe der Zeit angetan haben?

Sind sie sich auch heute noch immer nicht bewusst, dass die Zeit längst vorbei ist, wo sie sich (verhältnismäßig ungestört) in zuweilen geistvollem, zumeist aber geistlosem Kritisieren, Rügen und Zensieren üben konnten? Und das Ganze – zu allem Überdruss – anhand vergangener, zu Verzerrungen der Wirklichkeit führender Maßstäbe.

Von Geldverschwendungen über mittelalterliche Praktiken und Ansichten bis hin zu Vorwürfen von Kindesmissbrauch: In den letzten Jahrzehnten musste diese Kirche einige Pleiten einstecken. Zudem steht die Vatikanbank seit Jahren im Verdacht der Geldwäsche. Es gab sogar die Vorwürfe, man würde mit der Mafia unter einer Decke stecken. Die Anschuldigungen scheinen nicht sehr abwegig zu sein, schließlich wurde schon mehrmals gegen die 1884 gegründete Einrichtung ermittelt.

Über all das dürfen die Medien – glaubt man dem erwähnten Diener der katholischen Kirche – also nicht berichten. Sie sollten schönreden und schönschreiben, ducken und lügen. Die Kirche fordert uns zum Lügen auf!? Mal was Neues … oder etwa doch nicht?