Bei vielen Republikanern gelten Allgemeinbildung und Weltläufigkeit heutzutage als etwas geradezu Anrüchiges.
Francis Wagner
fwagner@tageblatt.lu
Dem Wahlkampfteam Ws war es ja seinerzeit gelungen, John Kerry beim tumben Teil des wählenden Volkes als unsicheren Kantonisten anzuschwärzen, weil dieser … der Sprache Molières mächtig ist. Und wer dergestalt mangelnde innere Distanz zu den „cheese-eating surrender monkeys“ erkennen lässt, der, nicht wahr, hat ja nun wirklich nichts im Weißen Haus verloren.
Aber, die Zeiten ändern sich: Mitt Romney kann sich ebenfalls sehr gut auf Französisch verständigen – er lebte 30 Monate als mormonischer Missionar im Hexagon –, und niemand dreht ihm einen Strick daraus. Fast niemand. Während der Vorwahlkampagne hatte sich nämlich der Primitivling Gingrich im April dieses Jahres doch tatsächlich nicht entblödet, ihm seine „french connection“ anzukreiden.
Leider reichen aber Fremdsprachenkenntnisse allein nicht aus, um einem Menschen zu außenpolitischer Kompetenz zu verhelfen.
Die mit den Bärten sind doch alle gleich
Wenn Romney „Sikhs“ mit „Sheikhs“ verwechselt oder mit seinen völlig deplatzierten Bemerkungen über angebliche Organisationsmängel bei den Londoner Olympischen Spielen die Briten – traditionelle gute Freunde
der USA – kollektiv vor den Kopf stößt, erweckt er den höchst unguten Eindruck, fürs diplomatische Parkett
nur eher beschränkt geeignet zu sein.
Vor allem aber seine Darstellung der Palästinenser als kulturell Unterbelichtete hat gezeigt, dass er nicht unbedingt das nötige Format hat, um auf der Weltbühne die Rolle zu spielen, die billigerweise dem „mächtigsten Mann der Welt“ zusteht.
Von jemandem, der versucht, sich mit derlei rassistischen Bemerkungen auf Kosten der Araber an die Israel-Lobby heranzuschleimen, muss man in Sachen Nahost-Frieden das Schlimmste befürchten.
In seiner Rede vor dem demokratischen Parteitag konnte Präsident Obama dem republikanischen Kandidaten noch weitere grobe Schnitzer vorhalten: In der Tat hat Romney Russland als den Feind Nummer 1 der USA bezeichnet. So einer, bescheinigte ihm der Präsident, „steckt in der Mentalität des Kalten Krieges fest“. Und der ist ja nun schon bereits seit über 20 Jahren vorbei.
Und wenn Romney die Beendigung des desaströsen Irak-Abenteuers als „tragisch“ bezeichnet, muss man sich doch ernsthaft fragen, was der Mann – Mormonismus hin oder her – wohl so raucht.
Die ganze Menschheit hat ein Interesse daran, dass die USA von einem Menschen regiert werden, dem die internationale Politik kein Buch mit sieben Siegeln ist. Die Aussicht darauf, dass eventuell in ein paar Monaten Romney und sein Adlatus Ryan das Ruder übernehmen könnten, ist daher nicht eben dazu angetan, einen ruhiger schlafen zu lassen.
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