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Militärmission in RumänienZu Besuch bei Luxemburgs größtem Auslandseinsatz

Militärmission in Rumänien / Zu Besuch bei Luxemburgs größtem Auslandseinsatz
In Cincu soll Russland die „rote Linie“ aufgezeigt werden Foto: Editpress/Alain Rischard

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Am Dienstag haben Premier Xavier Bettel und Verteidigungsminister François Bausch die 26 Soldaten aus Luxemburg besucht, die in Rumänien stationiert sind. Nie zuvor haben so viele Luxemburger gemeinsam an einer Militärmission teilgenommen.

Seit Anfang März nimmt die Luxemburger Armee mit 26 Soldaten an einer multinationalen Kampftruppe in Rumänien teil. Nie zuvor waren so viele Soldaten aus Luxemburg gemeinsam auf einem Auslandseinsatz. Russland sollen so die „roten Linien“ aufgezeigt werden, wie Verteidigungsminister François Bausch beim Abflug der ersten Soldaten aus Luxemburg im März sagte. Am Dienstag besuchten Premierminister Xavier Bettel und Bausch das Luxemburger Kontingent in Cincu, im Herzen Rumäniens. 

Auf dem Programm standen auch politische Treffen, insbesondere zwischen Xavier Bettel und dem rumänischen Präsidenten Klaus Johannis sowie zwischen François Bausch und seinem Amtskollegen, dem Minister für nationale Verteidigung, Angel Tîlvăr.

Vom Flughafen Sibiu aus führte eine Minibus-Kolonne die Luxemburger am Dienstag in das anderthalb Stunden entfernt liegende Cincu. Über kleine gewundene Straßen und durch verschlafene Dörfer hindurch ging es zu dem Camp, an dem weiterhin eifrig gewerkelt wird. Die Luxemburger haben sich dazu verpflichtet, bis ins Jahr 2025 an der Mission teilzunehmen. Aber so wie in Cincu gebaut wird, sieht es nach einer dauerhafteren Installation aus. Hundert Quadratkilometer Land sind in diesem sehr ländlichen Teil des Karpatenstaates für die NATO-Präsenz vorgesehen. Die Soldaten aus Luxemburg sind jeweils für vier Monate auf Mission, ehe ihre Kolleginnen und Kollegen sie ersetzen und sie wieder zurück ins Großherzogtum können.

Krieg durch Präsenz verhindern

Angeführt werden die 25 Männer vom „Härebierg“, die jetzt in Rumänien Dienst tun, von Leutnant Audrey. Die 30-jährige ist Peloton-Chefin und damit die „Senior National Representative“ Luxemburgs in Cincu. Audrey ist jetzt seit zwei Monaten hier und kann nur Positives berichten. „Wir lernen jeden Tag hinzu, arbeiten mit anderen Nationen zusammen, mit Franzosen und Belgiern, aber auch mit Rumänen, das gibt uns viel, genau wie die gemeinsamen Übungen.“ Ausgebildet werden die jungen Soldaten hier für den Einsatz im Krieg. Der Name sagt es schon, sie sind Teil einer Kampftruppe.

Das ist unsere Aufgabe, käme es aber zu einem Problem zwischen der NATO und Russland, würde das heißen, auf Anfrage der NATO oder Rumäniens hin, defensive Positionen einzunehmen und so zu helfen

Leutnant Audrey

Audrey hält aber darauf, dass auch diese Mission eine Friedensmission ist. Ziel und Zweck der Mission sei, durch Präsenz einen Krieg zu verhindern. „Das ist unsere Aufgabe“, sagt Audrey, „käme es aber zu einem Problem zwischen der NATO und Russland, würde das heißen, auf Anfrage der NATO oder Rumäniens hin, defensive Positionen einzunehmen und so zu helfen.“

Auf die Frage, ob Russlands Krieg in der Ukraine und das tägliche Sterben dort ihren Blick auf den eigenen Beruf verändert habe, antwortet Audrey mit einem klaren Nein. „Das ist unsere Arbeit“, sagt die 30-Jährige. Auch jene Soldaten, die wir in der Zeitung namentlich nicht nennen dürfen, sagen, dass der Ukraine-Krieg nichts an ihrem Berufsverständnis verändert habe. Soldat sein, bedeute immer ein gewisse Risiko, hieß es unisono. Ein Luxemburger Berufssoldat fasste seine Berufsauffassung wie folgt zusammen: „Es geht darum, Freiheiten zu verteidigen, die auch in Luxemburg bedroht sind. Krieg kann es immer geben, und auch die Demokratie muss notfalls mit der Waffe verteidigt werden.“ Genau das passiere zurzeit in der Ukraine. Soldat sein, sei eine „noble Aufgabe“, sagt der junge Mann aus Luxemburg, der gerade vier Monate seines Lebens dafür im rumänischen Niemandsland verbringt. Sein Nebenmann stimmt ihm kopfnickend zu.

In den beiden vergangenen Jahren, seitdem Russland seinen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat, sind Tausende Soldaten aus dem Ausland auf die Militärstützpunkte in Rumänien gekommen. Auch nach Bulgarien, Rumänien, in die Slowakei und nach Ungarn wurden NATO-Soldaten verlegt. Neben der Mission in Rumänien beteiligt sich Luxemburg an der sogenannten „Enhanced Forward Presence“ in Litauen.

In Cincu, auf dem „Cherry Hill“, wie die Soldaten den Hügel mit ihren Kasernen getauft haben, sind drei Tische ausgebreitet. Ausgestellt auf einem Tisch liegen Aufklärungsdrohnen der Luxemburger Armee, Sturmgewehre, Helme mit Nachtsichtgeräten und die Panzerabwehrwaffe NLAW, von denen Luxemburg zu Beginn des Ukrainekriegs rund 100 Stück an die Ukraine übergeben hatte. Im Hintergrund lässt ein französischer Soldat eine winzige Drohne aufsteigen. Sie ist nicht größer als eine Libelle, kostet aber rund 5.000 Euro. Ihr Vorteil: Wegen ihres geringen Umfangs sei sie kaum zu detektieren. Von den 26 Soldaten aus Luxemburg gelten sechs als Drohnen-Spezialisten. Bettel und Bausch gehen derweil durch die Reihen, begrüßen jeden Soldaten persönlich mit Handschlag.

Einschläge nahe rumänischer Grenze

Bereits zuvor hatten sich die Luxemburger Politiker zu Gesprächen mit dem rumänischen Präsidenten und dem rumänischen Verteidigungsminister zurückgezogen. Bei einer anschließenden Presskonferenz stellten sich Bettel und der rumänische Präsident Klaus Johannis den Fragen der Journalisten. Zentrales Thema war hier die jüngste Eskalation Russlands im Krieg in der Ukraine. Seit Ende Juli beschießt Moskau nicht nur die ukrainischen Schwarzmeerhäfen, sondern auch jene an der Donau. Die Einschläge finden nur wenige hundert Meter von der rumänischen Grenze entfernt statt. So dicht an die Grenze eines NATO-Staates heran hatte Russland seinen Krieg bislang nicht gebracht.

Am Montag behauptete Kiew, russische Drohnen iranischer Bauart seien auf rumänischem Gebiet eingeschlagen. Bukarest aber dementierte. Alles sah danach aus, als wolle der Westen nicht auf die russische Eskalation eingehen. Johannis wiegelte am Dienstag auch auf Nachfrage hin ab. Nein, sagte der rumänische Präsident, es sei kein russisches Geschoss auf Rumänien gefallen. Was man denn machen wolle, sollte das mal passieren, wollte Johannis nicht preisgeben. „Auch für ein solches Szenario haben wir Pläne, aber die werde ich hier nicht preisgeben“, sagte Johannis.

Mit jeder russischen Drohne, die auf Donau-Häfen geschossen wird, rückt der Krieg auch näher an Audrey und ihre Soldaten sowie ihre vielen Kolleginnen und Kollegen aus Belgien und Frankreich heran, die jetzt in Cincu ihren Dienst tun.

„Cherry Hill“ haben die Soldaten ihre temporäre Heimat getauft
„Cherry Hill“ haben die Soldaten ihre temporäre Heimat getauft Foto: Editpress/Alain Rischard
Xavier Bettel im Gespräch mit Peloton-Chefin Audrey
Xavier Bettel im Gespräch mit Peloton-Chefin Audrey Foto: Editpress/Alain Rischard