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EditorialWenn Rechtsnationalisten ausländische Strategien importieren

Editorial / Wenn Rechtsnationalisten ausländische Strategien importieren
Welchen Pfeil zieht Fred Keup demnächst aus Trumps Köcher? Foto: Editpress/Julien Garroy

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Sechs Monate ist es her, dass an dieser Stelle ein Leitartikel mit dem Titel „Schmalspur-Trumpismus à la luxembourgeoise“ erschienen ist. Nach den jüngsten Enthüllungen ist es Zeit für eine Entschuldigung. Bei Fred Keup.

Die ADR demaskiert sich weiter selbst. Als wären ein Kandidat mit Nazi-Symbolik und antisemitische Äußerungen eines Parteimitglieds nicht genug, wurde Vizepräsident Dan Hardy mit einem Reichsbürger-Logo als Profilfoto beim Kurznachrichtendienst WhatsApp erwischt.

Für Parteipräsident Fred Keup ist das aber alles kein Thema. Ein Problem sieht er darin nicht und wischt es sogar in bester Trump-Manier einfach beiseite. Im 100,7-Interview sagt Keup, dass die stichhaltige Beweislage gegen die ADR nur eines sei: eine Meinung.

Auf die Frage des Journalisten, ob diese Symbolik akzeptabel sei, meint der ADR-Spitzenkandidat, dass einige Geschichten an den Haaren herbeigezogen wurden. Als der Journalist dann anmerkt, dass es Screenshots von besagtem Profilbild gebe, antwortet Keup: „Das meinen Sie! Oder wer?“ Als der Journalist wieder Contra gibt und anmerkt, dass das gesichert sei, antwortet Keup: „Ja, das ist dann Ihre Meinung. Wir haben eine andere.“ Überhaupt sei ihm die ganze Thematik „komplett wurscht“.

Fehlt eigentlich nur noch, dass Vossen, Yim und Hardy ja doch im Grunde „good people“ sind. Und mit guten Menschen lässt sich bekanntlich gut regieren. Immerhin würden zahlreiche CSV-Sympathisanten der ADR zuflüstern, dass eine CSV-ADR-Koalition doch eigentlich die „cleverere“ Wahl wäre als irgendeine Koalition mit den Grünen.

Sich selbst als Opfer von vermeintlich unrechtmäßigen Presse-Attacken stilisieren, einen Anti-Establishment-Diskurs praktizieren und Luxemburg wieder zu einem großartigen Land machen wollen: Bisher folgt Fred Keups Partei ganz Trumps Blaupause, die den Republikaner 2016 zum Wahlerfolg geführt hat.

Rassistische Vorfälle in der eigenen Partei scheinen Trump ebenso wenig zu stören, wie antisemitische Äußerungen von ADR-Mitgliedern Fred Keup schlaflose Nächte bereiten. Schließlich bieten diese Figuren ein elektorales Potenzial, um das sich sonst keine Partei in Luxemburg reißt.

Und deshalb an dieser Stelle eine Entschuldigung: Fred Keup ist kein „Schmalspur-Trump à la luxembourgeoise“, sondern eine vollwertige Luxemburger Kopie des amerikanischen Populisten – vom orangen Teint mal abgesehen. Anzeichen, dass Keup einen gemäßigteren Kurs fahren würde als das amerikanische Pendant, verflüchtigen sich zusehends. Fehlt eigentlich nur noch, dass die ADR das Wahlergebnis am Abend des 8. Oktober anzweifelt, weil illegale Einwanderer an den Wahlen teilgenommen haben sollen.

Und sollte am Wahlabend dann trotz rechtmäßig verlaufener Wahlen die ADR nicht die erhoffte Sitzanzahl erreichen, bleibt der Partei ja immer noch die Option eines Sturmes auf die Chamber. Wie man sich gegen angeblich unrechtmäßige Diktaturen auflehnt, dürfte Dan Hardy mit seinen Reichsbürger-Verbindungen hinlänglich bekannt sein. Dumm nur, dass die Inspiration dann wieder aus dem Ausland importiert werden muss.