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FaunaJagen zum Umwelt- und Klimaschutz: Das denkt die Natur- und Forstverwaltung darüber

Fauna / Jagen zum Umwelt- und Klimaschutz: Das denkt die Natur- und Forstverwaltung darüber
Viele Wildschweine bedeutet viel Schaden im Wald Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Rehe, Hirsche und Wildschweine richten große Schäden in den Wäldern an, indem sie Jungbäume fressen. Ende Oktober forderten mehrere Umweltorganisationen deswegen eine erhöhte Jagdaktivität. Eine Reduzierung der Wilddichte sei notwendig, um eine Verjüngung des Baumbestandes zu garantieren. Das Tageblatt hat bei der „Administration de la nature et des forêts“ (ANF) nachgefragt, was man dort über das Thema Jagd und Umweltschutz bzw. Jagd und Tierschutz denkt. Die Verwaltung ist mit der Grundforderung einverstanden, kommentiert einige der Forderungen jedoch mit „Ja, aber …“.

Zahlen

Während des Jagdjahres 2022/23 wurden in Luxemburg folgende Tiere geschossen:
– 400 Rothirsche;
– 6.700 Rehe;
– 6.200 Wildschweine;
– 180 Damhirsche;
– 80 Mufflons.
Die Statistik macht keinen Unterschied, wie die Tiere erlegt wurden. In Luxemburg geschieht dies meistens bei Bewegungsjagden („Klappjuegd“), daneben gibt es noch Ansitzjagden. Pirschjagden sind hierzulande wenig verbreitet. Die Anzahl der Mufflons scheint im Vergleich zu den anderen Tieren gering, doch diese Tiere sind nur in sehr begrenzten Arealen anzutreffen.

Um den Erhalt der Wälder zu garantieren, sollte Schalenwild – das sind Paarhufer, deren Klauen auch als Schalen bezeichnet werden, wie zum Beispiel Rehe und Hirsche, aber auch Wildschweine – verstärkt gejagt werden. Das haben kürzlich mehrere Umweltorganisationen gefordert. „Ja, auch wir sind der Meinung, dass ein gesteigerter Abschuss von gewissen Tieren wie Rehen, Hirschen und Wildschweinen dem Naturschutz förderlich sein kann“, sagt Marianne Jacobs, Verantwortliche bei der Natur- und Forstverwaltung für den Bereich Jagd. Der Bestand sei mittlerweile so hoch, dass sowohl ein wirtschaftlicher als auch ein ökologischer Schaden dadurch entstanden sei.

„Wie hoch der Bestand der einzelnen Arten in der Tat ist, könne man allerdings nicht genau sagen. Man erkennt es an den Auswirkungen an den Wäldern: Sind sie negativ, dann ist der Bestand zu hoch“, sagt Jacobs. Zu viel Wild fresse jene Jungbäume, die ältere, absterbende Bestände ersetzen sollten, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung der Umweltorganisationen. „Eine logische Konsequenz der Feststellung ist eben, das Schalenwild zu reduzieren.“

Genaue Abschusspläne seien jedoch fast unmöglich zu berechnen, da jeder Plan nur so gut sei wie die Information, auf denen er beruhe. Diesbezüglich fordern die Umweltschützer, Wildschäden wissenschaftlich zu messen. „Das ist aber nicht so einfach. So ist es zum Beispiel nicht möglich, auf Privatbesitz Schaden zu messen. Außerdem müsste man sich auf eine Methodologie einigen, und das ist einfacher gesagt als getan, da ja nicht nur unsere Verwaltung davon betroffen ist, sondern unter anderem auch noch die Waldbesitzer“, gibt Jacobs zu bedenken.

Die Naturschützer fordern auch, die Abschussquoten für Schalenwild anzupassen, was aber sowieso getan werde. Wie Jacobs erklärt, werden diese alle drei Jahre komplett überarbeitet. Zusätzlich können einzelne Jagdsyndikate auch zwischendurch Anpassungen verlangen. „In der Praxis rennen wir der Problematik immer hinterher. Jedes Land hat das gleiche Problem. Wenn eines die Lösung gefunden hätte, bräuchten wir das System ja nur zu kopieren.“

Jagd und Tierschutz

Momentan wieder im Gespräch sind die Bewegungsjagden („Klappjuegd“), die von Tierschützern oft kritisiert werden. Allerdings gibt Marianne Jacobs hierbei zu bedenken, dass die meisten der insgesamt erlegten Tiere bei solchen Jagden geschossen werden, allerdings finden diese nur in einem bestimmten Zeitrahmen statt. „Es ist keine Hetze, wie das oft dargestellt wird. Es ist lediglich eine kleine Störung, ein Stress, der für die Tiere zeitlich sehr begrenzt ist. Der Stress wäre für die Tiere wesentlich größer, wenn zum Beispiel ständig ein Wolf in der Nähe wäre. Die Störung durch eine Treibjagd ist gering: Danach beruhigen sich die Tiere wieder schnell. Eine solche Jagd hat aber großes Potenzial zur Wildreduzierung.“

Die Öffentlichkeit habe oft eine falsche Vorstellung von einer Jagd. Es sei wohl einfacher, ein Stück Fleisch schön eingepackt zu kaufen, wobei man aber nicht sieht, was davor in der Fleischindustrie passiert. „Man muss ganz einfach sagen, man findet kein Fleisch, das nachhaltiger ist als das, was im Wald geschossen wird“, sagt Jacobs.

Es gibt überall schwarze Schafe, doch im Allgemeinen glaube ich, dass die Jäger guten Willens sind

Marianne Jacobs, ANF-Verantwortliche für den Bereich Jagd

Die Jagdzeiten ausdehnen, um mehr Tiere zu schießen, wie das die Umweltorganisationen fordern, sei nicht unbedingt sinnvoll. Denn: „Die sind schon sehr lang. Wildschweine zum Beispiel können eh schon fast das ganze Jahr über geschossen werden. Man muss sich eher die Frage stellen, ob die momentanen Maßnahmen bezüglich der Wildschweine ausreichen.“

Aktuell würden Wildschweine vor allem über die Bewegungsjagden und die Ansitzjagd erlegt. Im Ausland ist zusätzlich auch noch die Ansitzjagd bei Nacht erlaubt. Dies kann sinnvoll sein, da diese Wildart oft sehr dämmerungs- und nachtaktiv ist. Trotzdem, schränkt die Expertin ein, sei europaweit ein Anstieg der Schwarzwildbestände zu verzeichnen. Deshalb werden zusätzlich in unseren Nachbarländern sogenannte Saufänge eingesetzt. Richtig eingesetzt, seien diese eine sehr effiziente Methode. Die ANF warnt aber vor Vergleichen mit Videos von Saufängen, die beispielsweise aus den USA kommen: Diese seien nicht tierschutzkonform und ein Einsatz solcher Fallen würde in Luxemburg nie infrage kommen.

Imageproblem der Jäger

Was das schlechte Image der Jäger angeht, bricht die Expertin eine Lanze für diese: „Es gibt überall schwarze Schafe, doch im Allgemeinen glaube ich, dass die Jäger guten Willens sind.“ Die Expertin weist auf die relativ lange Ausbildung der Jäger hierzulande hin, im Vergleich zum Ausland. Diese dauert ein Jahr, wobei ihnen fundamentales Wissen über die Biologie der Tiere, Waffen und Sicherheit vermittelt wird. Jagdscheine aus Frankreich, wo die Ausbildung kürzer sei, sind in Luxemburg nicht anerkannt.

Alles in allem spielten Jäger eine wichtige Rolle in Sachen Klimaschutz, sagt Jacobs, wessen sie sich langsam bewusst würden. „Ich glaube, viele haben Angst vor einem zu großen Eingriff in die Natur, wie zum Beispiel auch vermehrt weibliche Tiere zu schießen. Sie stehen auch unter einem gewissen Druck: Einerseits verlangt der Staat mehr Abschüsse, anderseits fordert ein Teil der Öffentlichkeit mehr Tierschutz.“

Auch Tierschützer spielten ihre Rolle: „Es ist wichtig, dass sie ­​​​​​​​Dinge anprangern, denn so kann man diese verbessern. Allerdings ist die Öffentlichkeit oft nicht genug informiert, zum Beispiel darüber, dass wir ein sehr strenges Jagdgesetz haben.“ Jede Treibjagd müsse angemeldet werden, und wenn mehr als zwölf Jäger daran teilnehmen, muss dies 15 Tage im Voraus erfolgen. Es gebe zwar keine regelmäßige, aber sporadische Kontrolle seitens ihrer Verwaltung. Praktisch noch nie sei dabei festgestellt worden, dass zu viele oder die falschen Tiere geschossen wurden.