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„Eine Explosion der Freude“Zeitzeuge Manuel Da Silva Bento erinnert sich an die hohen Erwartungen

„Eine Explosion der Freude“ / Zeitzeuge Manuel Da Silva Bento erinnert sich an die hohen Erwartungen
Der 67-jährige Manuel Da Silva Bento lebt seit 1979 in Luxemburg Foto: Editpress/Alain Rischard

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Der 67-jährige Manuel Da Silva Bento wuchs in einer ländlichen Gegend Portugals auf. Seine Sichtweise auf die damaligen Ereignisse ist geprägt von der nüchternen Analyse eines langjährigen Gewerkschaftlers. Er bedauert das mangelnde Interesse der heutigen Generation an der „Nelkenrevolution“.

„Am 25. April 1975 waren zwar viele Soldaten in den Straßen zu sehen, aber da wir in einer Gegend wohnten, wo eh viel Militär stationiert war, war es kein außergewöhnliches Bild, sodass wir zunächst nichts mitbekamen. Am Tag der Revolution war es nicht anders als sonst“, erinnert sich Manuel Da Silva Bento. Erst in den Tagen danach sei es zu einer wahren Explosion der Freude auf Seiten der „guten Menschen“ (im Gegensatz zu den Anhängern des Regimes) gekommen.

Manuel Da Silva Bento wurde 1957 in der kleinen zentral-portugiesischen Gemeinde Carregueira (Region Alentejo) geboren, wo er einen Großteil seines Lebens verbrachte. 1979 wanderte er nach Luxemburg aus und arbeitete als Bauarbeiter. Von Anfang an war im OGBL engagiert.

Carregueira als Kleinstadt zu bezeichnen, ist fast schon übertrieben. Im Laufe der Jahre nahm die Bewohnerzahl stetig ab. Waren es Anfang der 1970er etwa 2.500, zählte der Ort laut Wikipedia 2021 nur noch 1.740 Einwohner. Wie überall auf der Welt, insbesondere in wirtschaftlich rückständigen Ländern, wie es Portugal vor 50 Jahren war, bekommt man in ländlichen Gegenden in der Regel von den Ereignissen in den Zentren der Macht nicht sofort etwas mit.

Die Welt auf dem Land beschreibt Manuel Da Silva als eine fast geschlossene Gesellschaft: „Von eventuellem Unmut in der Bevölkerung bekamen wir dort nichts mit.“ Bento stammt aus einer Bauernfamilie, was nicht überrascht, ist der Alentejo, der zu den ärmsten Gegenden Portugals gehört, vor allem landwirtschaftlich geprägt.

Carregueira verließ er zum ersten Mal, als er mit elf Jahren das Gymnasium besuchte. Sein Vater wollte, dass er studiert, er jedoch brach die Schule vorzeitig mit 16 ab und ging arbeiten. Nur wenige Wochen vor dem Tag, der die Geschichte seines Landes ändern sollte, meldete er sich im März 1974 freiwillig zur Marine. „Da ich noch minderjährig war, musste mein Vater die Anmeldepapiere unterschreiben. Er war zwar dagegen, tat es aber dann doch. Ich wollte etwas erleben und die Welt sehen.“ Doch es kam anders. Sein Wunsch, auf einem Schiff zur See zu fahren und die Welt zu entdecken, erfüllte sich nicht.

Im Mai 1974 absolvierte er die Aufnahmetests und im darauffolgenden Juli begann sein aktiver Militärdienst, allerdings nicht so lange wie ursprünglich vorgesehen. Freiwillige wurden damals in der portugiesischen Marine für sechs Jahre verpflichtet. „Nach dem Sturz der Diktatur wurde als eine der ersten Maßnahmen die Zeit des Armeedienstes um die Hälfte reduziert, was mir natürlich zugutekam.“

Unter Beobachtung

Direkte Probleme habe er während der Diktatur nicht gehabt, „doch ich bin mir sicher, dass ich unter Beobachtung stand. Ich war damals sehr engagiert, nicht etwa politisch oder gewerkschaftlich, was ja gar nicht möglich war, aber auch durch ein starkes soziales Engagement wie z.B. in einem Folkloreverein konnte man auffallen. Und ich war nicht immer mit allem einverstanden.“

Er erinnert sich an die Unterschiede zwischen Stadt und Land: Unter den Bauern habe es keine Diskussionen gegeben, anders als in der Stadt, wo er sich nach seinem Schulabbruch mit Gelegenheitsjobs durchschlug. „Dort begegnete man vielen Leuten, und ich erinnere mich, dass 1972 und 1973 ein großes Misstrauen in der Bevölkerung herrschte.“

Die Revolution erlebte er in seinem Heimatort: „Die erste Zeit danach war sehr chaotisch, es herrschte die reinste Anarchie, jeder tat, was er wollte. Normalerweise, wenn Militärs putschen, übernehmen sie die Macht und wollen sie festigen, doch das portugiesische Militär wollte die Macht ja dem Volk geben. Das hat aber zu zwei Jahren Chaos geführt“, so die heutige Analyse von Bento.

Wie bereits erwähnt, fuhr er – obwohl Matrose – nicht zur See. „Ich war in der Gegend von Lissabon stationiert und unsere Einheit war damit beauftragt, eventuelle Konterrevolutionäre zu bekämpfen. Zu einem diesbezüglich aktiven Einsatz kam ich persönlich allerdings nicht.“

Heutige Einschätzung

„Der 25. April 1974 hat Portugal zu 100 Prozent verändert. Wir kamen aus einem schwarzen Loch und erblickten das Licht.“ Doch die 40 Jahre währende Diktatur habe tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen, der Faschismus sei immer noch präsent, wie die rezenten Wahlen ja zeigten. „Die portugiesische Bevölkerung ist leicht beeinflussbar“, meint Manuel Bento

Nach der Revolution habe praktisch nichts mehr funktioniert: „Die Menschen wollten alles sofort, sie hatten große Erwartungen, doch schon nach ein paar Monaten stellte man sich Fragen, die meisten Menschen fühlten sich nicht von den Militärs repräsentiert.“

Heute ist man sich der Bedeutung des Datums für unsere Geschichte nicht bewusst

Manuel Da Silva Bento

1977 wurde er aus der Armee entlassen. Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation entschied er sich schließlich 1979 nach Luxemburg auszuwandern, wo sich bereits Bekannte befanden. 1980 trat er dem OGBL bei.

Etwas habe sich in seiner Heimat in den letzten 50 Jähren leider immer noch nicht geändert, sagt er, und zum ersten Mal in unserem Gespräch kommt der langjährige Gewerkschaftler zum Vorschein: „In Portugal schläft das Patronat heute noch, eine Gesellschaft und Wirtschaft kann nicht wachsen mit niedrigen Löhnen.“ Darüber hinaus bekämen die damaligen Revolutionäre auch nicht die Anerkennung, die sie verdienten: „Die Verantwortlichen des 25. April werden sogar manchmal als Schuldige an der heutigen Situation dargestellt“, bedauert Bento.

Auch in der Schule würden die Ereignisse nicht so gewürdigt, wie sie es seiner Meinung nach sollten. „Man ist sich heute nicht der Bedeutung des Datums für unsere Geschichte bewusst.“ Bei der Jugend sei die Revolution heute kein Thema mehr, nur noch bei den Menschen, die damals direkt dabei waren, wie die Ex-Militärs. Unter den Portugiesen in Luxemburg sei es nicht anders: Er selbst war 30 Jahre in der Vereinigung der Freunde des 25. April engagiert, doch diese sei seit 2012 nicht mehr aktiv.

„Uma explosão de alegria“

Manuel Da Silva Bento recorda as grandes expectativas. „No dia 25 de abril de 1974, havia muitos militares nas ruas, mas como vivíamos numa zona onde estavam estacionados muitos militares, não era uma visão invulgar, por isso não demos por nada no início. No dia da revolução, não foi diferente do habitual“, diz hoje. Acrescenta que „O 25 de abril de 1974 mudou Portugal a cem por cento. Saímos da escuridão e vimos a luz. Mas os 40 anos de ditadura deixaram marcas profundas na sociedade e o fascismo continua presente, como demonstraram as últimas eleições.“

Manuel da Silva Bento, de 67 anos, cresceu em Carregueira (Alentejo), zona rural de Portugal, onde viveu até emigrar para o Luxemburgo em 1979, ganhando aqui sua vida como operário da construção civil. Esteve envolvido na OGBL desde o início. „Hoje, as pessoas não se apercebem do significado da data para a nossa história“, lamenta o sindicalista de longa data.

(Sandra Martins Pereira)