Headlines

StaatsfinanzenFranz Fayot: „Ich bin gespannt auf die Reaktion der Ratingagenturen“

Staatsfinanzen / Franz Fayot: „Ich bin gespannt auf die Reaktion der Ratingagenturen“
Die Luxemburger Staatsfinanzen stehen vor spannenden Zeiten Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Im Gespräch mit dem Tageblatt äußert sich der ehemalige Wirtschaftsminister und aktuelles Mitglied der Finanzkommission im Parlament überaus skeptisch über die Solidität der Finanzpläne der Regierung.

Seit dem Ende der Wahlen rutschen die Staatsfinanzen wieder in den Fokus und erscheinen in einem neuen Licht. 2026 soll die Verschuldungsmarke von 30 Prozent durchbrochen werden, die bisher als Obergrenze galt.

Zuletzt kam noch die Nachricht hinzu, dass ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs zusätzliche negative Auswirkungen auf den Staatshaushalt haben wird. Eine Finanzgesellschaft hatte geklagt, dass sie eine zu hohe Vermögenssteuer bezahlt habe.

Diese Steuer war in den Jahren zuvor graduell erhöht worden, erklärt der ehemalige Wirtschaftsminister Franz Fayot gegenüber dem Tageblatt. Von rund 1.500 Euro vor zehn Jahren auf 4.815 Euro heute. „Eine Soparfi hatte dagegen geklagt.“ Diese Unternehmen, von denen es rund 45.000 in Luxemburg gibt, müssen laut dem Urteil nun wieder den alten niedrigen Steuersatz zahlen. Es sei eine Frage von „Gleichheit vor dem Gesetz im Steuerrecht“, vom „Grundsatz des Steuerbeitrags entsprechend der Leistungsfähigkeit des Steuerzahlers“.

Sehr überrascht hat Fayot dabei der Satz im Urteil, in dem zu lesen ist, dass „der staatliche Vertreter dem Gericht keine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung“ dieser Unternehmen geben konnte. Er wundert sich, warum der Vertreter des Finanzministeriums „nichts gesagt hat“. Es gebe doch Gründe für die unterschiedliche Behandlung.

Die Regierung werde nun wohl gesetzgeberisch vorgehen, schätzt er. Bis dahin gelten in den laufenden Jahren 2022, 2023 die Regeln aus der Zeit vor den Erhöhungen. In der Folge gehen Steuereinnahmen verloren.

Besorgt über das Regierungsprogramm

Zur Höhe des Steuerausfalls wollte der neue Finanzminister Gilles Roth in der parlamentarischen Finanzkommission keine Angaben machen. Doch die müsste einfach zu rechnen sein, sagt Fayot: Betroffen seien nicht all diese Unternehmen. Die Mindeststeuer galt nur Finanzgesellschaften mit einer Bilanz von 350.000 bis zwei Millionen Euro. Das wären etwa 5.000 Soparfis. Wenn nun jede von ihnen etwa 2.000 Euro zu viel bezahlt habe, könnte das eine Summe von rund zehn Millionen Euro ergeben. Er rechnet somit nicht mit „riesigen Auswirkungen“ auf die Staatsfinanzen durch das Urteil.

Besorgt zeigt sich der ehemalige Wirtschaftsminister eher über das Regierungsprogramm und die Auswirkungen auf die Staatsfinanzen. Es sei ein Programm mit sehr vielen Kosten. „Die Steuern gehen runter und die Ausgaben steigen.“ Alles mit „Floskeln“ wie „wir müssen die Wirtschaft dynamisieren“ als Begründung. An das Märchen der steigenden Kaufkraft glaube doch heute niemand mehr.

„Doch woher sollen die Einnahmen kommen?“, fragt er weiter. Eine Antwort habe es zu Wochenbeginn in der Finanzkommission nicht gegeben. Man müsse sich ja auch bewusst sein, dass „wir als kleines Land nur eine überschaubare Anzahl an Steuerquellen haben“. Manche Rückgänge stehen an, etwa im Tanktourismus. Und die Regierung will noch die „taxe d’abonnement“ für ETFs und die Betriebssteuern senken. „Das ist wie Glücksspiel.“

Die Vorstellung des neuen Finanzplans für 2024, das Budget für die Staatsfinanzen 2024, wird derweil erst im Frühjahr nächsten Jahres anstehen. Das sei eine normale Vorgehensweise, erklärt er. Auch letztes Mal sei das bereits so gemacht worden. „Die Zeit ist einfach zu knapp.“ Das Budget 2023 laufe dann noch einige Monate weiter.

Dass auch seine Partei das Thema im Wahlkampf kaum erwähnt hatte, lässt er nicht gelten. Seine Partei habe zwar auch Steuervergünstigungen für niedrige und mittlere Gehälter geben wollen, doch habe man auch erklärt, Wohlstand stärker besteuern und eine Steuer auf Verschmutzung einführen zu wollen, um die Ausgaben gegenzufinanzieren. „Davon ist aber aktuell nichts zu sehen. Ich weiß nicht, wie das alles aufgehen soll.“

„In der Folge ist klar, dass einige neue Anleihen hinzukommen werden und dass die Schulden steigen werden“, sagt er weiter. „Gleichzeitig ist auch klar, dass die Zinszahlungen auch teurer werden.“ Laut Arbeitspapieren sollen die Zinszahlungen, die Luxemburg auf seinen Schulden zahlt, von 118 Millionen Euro im Jahr 2021 auf über 620 Millionen Euro im Jahr 2027 steigen. „Ich finde das alles beunruhigend. (…) Ich bin wirklich gespannt auf die Reaktion der Ratingagenturen“, so Fayot.


Lesen Sie auch:

Analyse: Gesunde Staatsfinanzen werden immer mehr zur Herausforderung

Hohe Inflation hilft, Europas Schuldenquoten schrumpfen zu lassen – nur nicht in Luxemburg

Zum geplanten Staatshaushalt für das Jahr 2023