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Die neue Mitte: Wie die Demokratische Partei zur stärksten Kraft in Luxemburg wurde

Die neue Mitte: Wie die Demokratische Partei zur stärksten Kraft in Luxemburg wurde

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Nach ihrem Wahlerfolg bei den Europawahlen können die Liberalen vor Kraft kaum laufen. Wie ist ihnen dieses Kunststück nur gelungen?

Zu den Stärken des Charles Goerens gehört, innerhalb weniger Sätze den Bogen um die halbe Welt zu spannen. Erst spricht er von der Friture auf dem „Mäertchen“, kurze Zeit später über die nationalen Strategien von Erdogan, Putin und Trump. „Europa braucht eine gemeinsame Strategie, wenn es sich weltweit behaupten will“, sagt Goerens mit tiefer, besonnener Stimme und steht dabei so aufrecht, als müsste er für eine Statue posieren. Seinem Habitus liegt eine weltmännische Souveränität zugrunde, die an Peter Scholl-Latour, Helmut Schmidt oder Valéry Giscard d’Estaing erinnert. Männer, die in großen geopolitischen Linien dachten und redeten.

Damit ist Goerens eigentlich ein atypischer Vertreter seiner Partei. Denn die DP anno 2019 ist jung, weiblich, divers – wirkt locker und lässig mit positiver Ausstrahlung und stets einem flotten Spruch. Goerens hingegen ist ein Politiker der alten Schule. Jemand, der im 20. Jahrhundert sozialisiert wurde vor dem Hintergrund zweierWeltkriege und einem Kalten Krieg.

Dabei war Goerens nach der Zäsurwahl von 2013 eigentlich schon Geschichte – weggespült vom Geist der neuen Zeit. Goerens hoffte als Juncker-Spezi auf eine Koalition mit der CSV und stellte sich offen gegen eine Dreierkoalition. Ein Mitte-links-Bündnis mit Xavier Bettel als Staatsminister hielt er für eine Schnapsidee, die er unter keinen Umständen zulassen durfte.

Der offene Bruch wäre eigentlich Grund genug gewesen, den heute 67-jährigen Goerens bereits 2013 in Rente zu schicken. Doch Xavier Bettel bewies damals, wie so oft in seiner Karriere, besonderes politisches Gespür. Er setzte sich klar gegen den damaligen Vizepräsidenten der DP durch, konnte ihn aber davon überzeugen, weiterhin als Europapolitiker aktiv zu sein. Damit war der Machtkampf zugunsten von Bettel entschieden, ohne dass Blut floss.

Spätestens 2019 sollte sich das Zweckbündnis für die Partei ausbezahlen: Denn Goerens allein holte fast 75.000 Stimmen bei den Europawahlen – mit Listenstimmen gingen rund 40 Prozent aller DP-Stimmen an den AltPolitiker. Er ist damit der mit Abstand am besten gewählte Politiker des Landes und auch maßgeblich dafür verantwortlich, dass die DP zum ersten Mal in ihrer Geschichte stärkste Kraft im Land ist.

Die Jedermannspartei

Doch es würde zu kurz greifen, den DP-Wahlerfolg ausschließlich mit Charles Goerens gleichzusetzen. Zwar hat die Demokratische Partei gegenüber der CSV und den Grünen deutlich weniger Listenstimmen geholt und als einzige Partei mehr Einzel- als Listenstimmen erhalten (siehe Grafik), aber die Personifizierung der Politik ist Teil des Plans der DP.

Ein Wahlkampf jenseits großer inhaltlicher Spannung lässt sich am besten durch Personen gewinnen: Die Partei setzte konsequent auf die vertrauten Gesichter von Charles Goerens und Monica Semedo und ließ ihre Konterfeis sowohl in der digitalen Welt als auch entlang nahezu sämtlicher Landstraßen aufstellen.

Unschärferelation

Gleichzeitig hat sich die DP gerade in die Partei der neuen Mitte verwandelt. Eine Jedermannspartei, die kein klares Profil mehr bedient: mal europäisch, mal sozial, mal liberal, mal wirtschaftsfreundlich, mal ökologisch, mal lëtzebuergesch, mal familienfreundlich, mal inklusiv, mal traditionsbewusst. Xavier Bettel und Corinne Cahen haben die DP in einen Allzweck-Laden verwandelt, der den Spagat zwischen allen Interessen herstellt. Eine Sowohl-als-auch-Partei mit Unschärferelation. Denn anders als bei Volksparteien werden gegensätzliche Interessen innerhalb der DP nicht ausgetragen. Vielmehr werden Inkohärenzen oder Konflikte einfach ignoriert. Nach dem Motto: Ein Problem wird erst dann zu einem Problem, wenn wir es dazu erklären.

Damit wird die DP äußerst attraktiv für breite Teile der Luxemburger Gesellschaft. Jene, die apologetisch zum Luxemburger Modell stehen und sich eigentlich ganz gut damit arrangieren können, wenn alles so bleibt, wie es ist. Die DP bietet an, sozial zu sein, ohne dass es zu einer Umverteilung kommt, sich als grün zu bezeichnen, ohne dass ökologische Eingriffe notwendig sind, oder sich europäisch zu nennen, ohne dass nationale Kompetenzen nach Brüssel wandern müssen.

Bettels DP vermittelt damit eine Leichtigkeit, die ihresgleichen sucht. Der Grundtenor
ist positiv, alles geht. Oder wie Bettel es beim vergangenen Parteikongress selbst zum Ausdruck brachte: Hört doch auf zu reden, wo bleibt der Champagner?
Solange die Steuern fließen, die Konjunktur brummt und die Welt nicht aus den Fugen gerät, sollte diese Taktik erfolgreich sein – andernfalls müssen sich Cahen und Bettel etwas Neues ausdenken, wenn sie nicht tief fallen wollen.

Jang
4. Juni 2019 - 9.03

Alles gesoot Herr ronald, deem ass och neischt méi beizügen.

ronald
3. Juni 2019 - 17.11

Jo effektiv, déi DP vun haut ass nach just en Schied vun fréier, do ass keng Linn drann, an falls Leit mengen dach, dann just eng wou déi aktuell DP awer hogenee dat selwecht mecht wéi fréier CSV, eng Strenzepolitik fir hier Clientèle bei Laun ze halen. D'Zentren vun den Stied wou se mengen matzebestëmmen hun se freckt gemach, dofir ass et hinnen och egal wann den Handel an Geschäftswelt den Bierg ofgeet. Haptsaach Konsumtempelen woussen ob den Wisen. D'Juegend, wéi se mengen ob hierer Séit, ginn mat Slogans geködert mat enger Pseudodynamik vereinnahmt. D'DP ass net méi demokratesch, kritesch, pragmatesch, liberal.. Nee sie ass schons baal NofolgerPartei vun der SED wat hier Approche zur Erzéiung ugeet. DP nee merci !

Jang
3. Juni 2019 - 13.48

Déi fréier DP (Thorn,Mart etc.) daat wor nach eng Partei vir den Mëttelstand an klenge Commerce, haut sin zwar aner Zeiten wéi deemols,mais Kompetenz vun der heitiger DP ass laang nëtt méi daat an do brauch haut och keen Handwierk an Commerce sech méi op déi dooten Partei ze verlossen. Ech hunn se schons laang kenne geléiert,vir mech sinn se önnen duerch.

René Charles
2. Juni 2019 - 18.06

Do muss een awer och mol respektéiren wat déi eenzel Kandidat/*Innen fir ee formidablen background hun. Dat as dach héich unzerechnen war do fir Kompetenzen op engem Koup zesumme kommen. Einmalech,

Mimi
2. Juni 2019 - 17.37

@Nomi. Esou ass et.

de Prolet
31. Mai 2019 - 20.29

Ein Rätsel wieso es möglich ist, dass in Luxemburg, die DP, die Partei des Patronats, stärkste Partei wird? Einfach genial!

Eddes
31. Mai 2019 - 19.30

Jo Nomi,dem Letzebuerger ass eben net ze hellefen,sie wielen dèi Gring,an DP,an dèi schaffend Leit ginn emmer mèi arm,wann d`Leit eben esou domm sinn,da mussen se bludden,et dèet mer awer lèed dass aner mat drenner leide mussen,( Ech sinn a kenger Partei fir dat kloer ze stellen )

Nomi
31. Mai 2019 - 13.29

Di Leit dei' DP wiehlen hun vergiess fir waat dee Klub Politik mecht ! Fir den Patronat !!