„Keine Angst, so was gibt es doch hier in Luxemburg überhaupt nicht.“ Unter anderem diese beruhigenden Worte vieler lebenserfahrener Erwachsener bereiteten uns Millennials noch eine praktisch sorgenfreie und unbeschwerte Kindheit. Vulkanausbrüche, Erdbeben, Tornados und verheerende Überschwemmungen waren Naturgewalten, die man zwar aus den Nachrichten oder aus dem Fernsehen kannte – die wenigsten dürften aber selbst welche am eigenen Leib miterlebt haben. Dann kam das Jahr 2019: Ein Tornado verwüstete Teile von Luxemburgs Süden. Nur eine Ausnahme – denn in Luxemburg dürfen solche Phänomene doch, „wie jeder weiß“, überhaupt nicht existieren, richtig?
Es handelt sich um nicht weniger als die größte Klimakatastrophe, die unser Land seit den Aufzeichnungen miterlebt hat – und auch bei weitem die teuerste
Der Tornado war keine Ausnahme … Am 28. Juni 2021 wütete eine weitere Windhose just an der Luxemburger Grenze in Belgien, verschonte dieses Mal allerdings weitgehend die rot-weiß-blaue Wohlfühloase. Spätestens am 15. Juli dürfte auch bei den Letzten die Illusion von Luxemburg als vom Weltgeschehen und vom Klimawandel bisher unberührte Seifenblase geplatzt sein: Das Wasser kam schnell und es traf uns hart.
Es handelt sich um nicht weniger als die größte Klimakatastrophe, die unser Land seit den Aufzeichnungen miterlebt hat – und auch bei weitem die teuerste: Das Landwirtschaftsministerium schätzt die Schäden der Hochwasserkatastrophe der Landwirte allein auf insgesamt 1,65 Millionen Euro. Das Finanzministerium hat demnach bisher rund 2,5 Millionen Euro an Betriebe und über drei Millionen Euro an Unterstützungsgelder an Privathaushalte ausgezahlt. Hinzu kommen die Schäden, die von den Versicherungen abgedeckt wurden. Der Verband der Versicherer, ACA („Association des compagnies d’assurances et de réassurances du Grand-Duché de Luxembourg“), schätzte die Schäden im Juli auf rund 120 Millionen Euro.
Trotz allem Übel ist Luxemburg noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen: Es hat keine Toten gegeben. Unsere deutschen Nachbarn hatten da weitaus weniger Glück. Auch, wenn die Überschwemmungen mittlerweile an medialer Präsenz verloren haben und ihren Platz an emporschießende Corona-Varianten und an wütende Impfskeptiker abgetreten haben, begleiten die Folgen der Katastrophe Luxemburg bis heute.
Ein kurzer Spaziergang durch Echternachs Fußgängerzone reicht schon aus, um sich ein Bild zu machen: Einige Geschäfte sowie das Schwimmbad haben sich nie von den Zerstörungen erholt und mussten ihre Türen endgültig schließen. Die Flussufer und Bäume zum Teil noch vollgemüllt mit weggespülten Objekten. Und weiterhin ein zum Teil eingeschränkter Straßenverkehr – so etwa bei Echternach und um den Schießentümpel.
Viele Familien mussten zudem hilflos mit ansehen, wie ihr ganzes Leben, alles, was sie sich aufgebaut haben, einfach von einer fauligen Wassermasse weggespült wurde. Als Erinnerung, aber auch als Warnung haben einige Betroffene den höchsten Wasserstand markiert.
Das Hochwasser hat wieder einmal gezeigt, wie hilflos wir Menschen den Naturgewalten ausgeliefert sind. Darum ist es auch so wichtig, dass wir wieder versuchen, im Einklang mit der Natur zu leben und unseren Planeten zu schützen, anstatt ihn bis aufs Letzte auszubeuten und zugrunde zu richten. Jeder muss seinen Teil dazu beitragen – Privatpersonen, Betriebe sowie politische Entscheidungsträger: Und irgendwann bildet sich aus den vielen einzelnen Wassertropfen ein reißender Fluss der Veränderung.
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