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120.000 Euro Ablass

120.000 Euro Ablass
(dpa)

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Anfang 2010 meldeten sich, nachdem Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch durch Vertreter der katholischen Kirche in andern Ländern bekannt geworden waren, erste Opfer sexueller Gewalt bei Luxemburger Zeitungsredaktionen, so auch bei uns.

Vor allem Luxemburger Internatsschüler, die im belgischen Grenzgebiet Grund- und Sekundarschulen besuchten (besonders das katholische ISMA in Arlon tat sich durch die Häufung der Fälle hervor), berichteten von einer quasi systematisierten Kultur des Missbrauchs. Schnell wurde klar, dass der sexuelle Missbrauch nicht nur von den Patern, die sich als Pädagogen versuchten, mit unappetitlicher Regelmäßigkeit durchgeführt wurde, sondern auch Pfarrer in Luxemburg sich an ihren Schutzbefohlenen vergingen.

Logo" class="infobox_img" />Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Da die Mehrzahl der Taten in die Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts und früher zurückreichten, waren diese juristisch verjährt und hatten somit keine strafrechtlichen Konsequenzen. Schnell hatte das Bistum eine Anlaufstelle ins Leben gerufen, bei der sich Missbrauchsopfer melden sollten. Eine Entschuldigung während einer internen Veranstaltung der katholischen Kirche (Messe) seitens des (ehemaligen) Bischofs sollte die Opfer wohl trösten, soweit sie das „mea culpa“ denn überhaupt mitbekamen.

Des Weiteren wurde eine „unabhängige“ (aber durch erzbischöfliches Dekret eingesetzte) Kommission ins Leben gerufen, an die sich Opfer von Missbrauch zwecks wirtschaftlicher Entschädigung wenden sollten.

In einem Bericht über die Arbeiten dieser Gruppe, die sich vom 1. Februar bis zum 30. April 2012 mit 29 Anträgen beschäftigte, teilte das Erzbistum Ende Juni mit, dass die Arbeiten abgeschlossen seien und 24 Opfer sexueller Gewalt mit jeweils 5.000 Euro entschädigt würden.

Arme Luxemburger Kirche

Abee jo … Während die irischen Opfer pädophiler Priester mit Summen zwischen 65.000 und 300.000 Euro entschädigt wurden, die österreichische Kirche immerhin noch durchschnittlich 12.000 Euro an 537 missbrauchte ehemalige Internatsschüler, Messdiener und andere von Würdenträgern für ihre niederen Zwecke benutzte Kinder und Jugendliche zahlte und die US-Kirche bereits 2004 rund 11.000 Opfer im Schnitt mit 135.000 Euro entschädigte, müssen jene Personen, denen durch Fehlverhalten einheimischer Kirchenmitarbeiter unsägliches körperliches und psychisches Leid zugefügt wurde, sich mit einer Summe begnügen, die unter dem (staatlich gezahlten) Monatseinkommen eines „Paschtouer“ liegt. Mit also einer Summe von insgesamt 120.000 Euro meint das Bistum demnach, sich freigekauft zu haben.

In welchem Verhältnis diese Investition zur Zerstörung junger Leben steht, mag ersichtlich werden durch ein Zitat aus einem Brief, der uns nach dem Abdruck eines ersten Gesprächs mit einem Missbrauchsopfer erreichte und den wir an dieser Stelle bereits im März 2010 abdruckten: „… Nodeems ech Ären Artikel vum 23.3.2010 gelies hunn, si mer d’Tréine komm. Ech kann alles, wat an Ärem Artikel steet, 100 Prozent konfirméieren. Ech wor vun 1986 bis 2000 schwéierst tablettenofhängeg, wor och psychiatresch hospitaliséiert a leiden haut nach un deem Erlieften …“ Ein Fall von vielen und einer, der nicht einmal unter die 5.000-Euro-Regelung fällt, da er sich im nahen Ausland zugetragen hat.

Die Behandlung seiner Opfer ist kein Ruhmesblatt für das Luxemburger Bistum, das sich ja vorgenommen hat, neuen Schwung in die Missionierung und Bekehrung der wachsenden Zahl von Ungläubigen zu bringen.

C’est mal parti …