Seit mehreren Jahren machen die EU-Politiker also bereits eine schlechte Figur, weil sie es nicht fertigbringen, ausgeglichene, wirtschaftlich dauerhafte und sozial gerechte Lösungen zu finden.
" class="infobox_img" />Michelle Cloos mcloos@tageblatt.lu
Im Verhandlungschaos rund um einen „Rettungsplan“ für Zypern (wobei seit einem Jahr bekannt ist, dass das Land Hilfe benötigen würde) haben sich die politischen Verantwortungsträger jetzt aber selbst übertroffen. Die EU-Politiker brachen ein Tabu, indem sie den Weg einer Zwangsabgabe auf den Ersparnissen einschlugen. Der erste Vorschlag sah vor, auch die Kleinsparer auszunehmen. Als die Empörung der Bevölkerungen dann größer war als erwartet, wollte plötzlich niemand mehr den Plan überzeugend finden, und es wurde vorgeschlagen, die Konten doch bis 100.000 Euro abzusichern. Wobei sich jedoch die Frage stellt, inwiefern die Superreichen riesige Summen auf Bankkonten horten oder ob diese ihr Vermögen nicht eher in Fonds und Aktien investieren …
Der politische Schaden ist jedenfalls vollbracht und wohl nicht mehr rückgängig zu machen. Denn neben Zeit und Energie wurde vor allem die restliche Glaubwürdigkeit der Verantwortungsträger verspielt. IWF, EU und auch die EZB (die das fragile EU-Land mit einem Ultimatum erpresste) haben sich in der Zypern-Krise als unberechenbar und unverantwortlich erwiesen. Das Vertrauen der europäischen Bürger in die Politik, aber auch in die Absicherung der eigenen Ersparnisse ist zutiefst erschüttert und wird nur schwer wiederherzustellen sein.
Außerdem mussten die Zyprer auch zahlreiche Verschmähungen und demütigende Bemerkungen (vor allem aus Berlin) erdulden, wie bereits zuvor die Griechen. Während viel über Sinn und Unsinn des Bankenplatzes der Mittelmeerinsel diskutiert wird, werden die sozialen Konsequenzen des geplanten Maßnahmenpakets nur selten beleuchtet.
18.000 Menschen arbeiten im Finanzsektor, der bislang 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts darstellte. Zypern steht also vor wirtschaftlich und sozial unsicheren Jahren. Die Bürger bangen um ihre Arbeitsplätze und fürchten sich vor einer Sparwelle. Die negative Kritik an der Urlaubsinsel dürfte auch wohl kaum für eine Ankurbelung des Tourismus sorgen.
Falsche Entscheidungen
Doch auch wenn die Politik gerade im Fall Zypern ganz besonders mit Unfähigkeit geglänzt hat, sollte nicht vergessen werden, wie desolat die Lage in den anderen krisengeschüttelten EU-Staaten ist. Dort nimmt die soziale Krise immer dramatischere Ausmaße an. Die stetig steigende Jugendarbeitslosigkeit birgt die Gefahr einer verlorenen Generation. Die ihnen aufgezwungene Austerität hat sich als pures Gift für die Wirtschaft erwiesen. Diese Länder sparen sich regelrecht kaputt.
Eine Verbesserung der sozialen Lage ist aber noch lange nicht in Sicht, und die dringend notwendige Kehrtwende der Entscheidungsträger bleibt aus. Die Vorschläge von Wirtschaftswissenschaftlern, einen auf Wachstum und nachhaltige Entwicklung ausgerichteten Marshall-Plan für die EU umzusetzen und einen starken Sozialstaat zu fördern statt Sozialabbau zu betreiben, werden weiterhin einfach ignoriert. Stattdessen werden munter weiter falsche Entscheidungen getroffen.
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