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Tod eines Giganten

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Nelson Mandela, dessen gebürtiger Vorname eigentlich Rolihlahla (was interessanterweise sinngemäß „Unruhestifter“ bedeutet) lautete, war bereits seit Monaten schwer krank.

Dennoch löste am späten Donnerstagabend die Nachricht seines Todes im Alter von 95 Jahren weltweit einen emotionalen Schock aus. Menschen, deren einzigartiges Engagement und deren exemplarische Courage sie noch zu Lebzeiten zu einer Symbolfigur und sogar zur regelrechten Legende erheben, sind extrem selten.

Doch „Madiba“ war einer von ihnen. Er war ein Gigant, ein Vorbild und eine Quelle der Inspiration. Sämtliche internationalen Würdenträger bemühten sich folglich eifrig, ihre tiefe Trauer und Bestürzung auszudrücken. Die richtigen Worte zu finden, die Mandelas Lebenswerk voll und ganz gerecht werden können, ist allerdings äußert schwierig. In einem bemerkenswerten Nachruf für die Huffington Post, der die Bedeutung Mandelas für den Rest der Welt, die Persönlichkeit dieses außerordentlichen Menschen sowie die überwältigenden Emotionen, die die Nachricht seines Todes auslöste, kurz und bündig, dennoch ganz poetisch zusammenfasst, ohne in übertriebenen Pathos zu verfallen, schließt die französische Justizministerin Christiane Taubira ihre Hommage mit folgenden Worten ab: „Repose en paix, Madiba. Nos cœurs, ton linceul.“ Treffender, akkurater und ausdrucksstärker hätte man es kaum sagen können.

„Nos cœurs, ton linceul“

Mandela war zur Zeit seiner Gefangenschaft weltweit für die „gauche“ ein Symbol des Widerstandes gegen die Ungerechtigkeit. Sein jahrzehntelanger Kampf für Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit ist heute in die Geschichte eingegangen, gleichzeitig berührt er weiterhin zutiefst all jene, die für diese Ideale kämpfen.

Denn die daraus zu ziehenden Lehren gehören nicht der Vergangenheit an. Madibas Erbe erinnert uns an die Kraft der Überzeugung, des Willens und der Hoffnung, die Möglichkeit des gesellschaftlichen Fortschritts sowie die Wichtigkeit des politischen Einsatzes – und zwar nicht nur dann, wenn der Erfolg in greifbarer Nähe scheint, sondern auch, wenn man gegen den Strom schwimmen muss. Auch lehrt Mandela – dessen unerbittlicher Widerstand erheblich dazu beitrug, die Apartheid zu Fall zu bringen – uns, dass das Engagement für Ideale wie Gleichheit, Gerechtigkeit, Toleranz und den Respekt der Würde eines jeden Menschen sowie der Kampf gegen jegliche Form der Unterdrückung, der Exklusion und der politischen Willkür die Mühe und die Opfer wert sind.

Gleichzeitig erteilt Rolihlahla, der „Unruhestifter“, uns eine Lektion in Sachen Bescheidenheit, Geradlinigkeit und Verzeihung. Denn Mandela war nicht nur ein engagierter Freiheitskämpfer, er war auch der Mann der Vergebung und der Versöhnung.

Der Nobelpreisträger und Führer der Anti-Apartheid-Bewegung, der 27 Jahre seines Lebens als Häftling in den Gefängnissen von Robben Island und Pollsmoor verbrachte, war zwar dialogbereit, lehnte Pseudo-Verhandlungen mit dem Apartheid-Regime, die nur zu kosmetischen Veränderungen geführt hätten, aber immer kategorisch ab.

In der ersten Rede nach seiner Freilassung im Februar 1990 deklarierte der südafrikanische Nationalheld, der vier Jahre später zum ersten schwarzen Präsidenten seines Landes gewählt wurde: „Ich stehe vor euch nicht als Prophet, sondern als einfacher Diener des Volkes.“