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Helfen, sich zu entwickeln

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Versprechen sind schön, solange sie nichts kosten. Aber wenn es ernst wird, dann sieht man, wer über das Wollen hinaus auch den Willen besitzt, das Versprechen umzusetzen. 1970 versprachen die Mitgliedstaaten des Ausschusses für Entwicklungshilfe der OECD, 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe zu verwenden. Heute – 44 Jahre später – können sich nur fünf Länder rühmen, das Versprechen eingehalten zu haben: Neben Luxemburg sind es noch Dänemark, Norwegen, Schweden und seit 2013 auch Großbritannien.

323 Millionen Euro hat Luxemburg im vorigen Jahr für Entwicklungshilfe ausgegeben. Das ist ein Prozent unseres Bruttonationaleinkommens. Nur Norwegen und Schweden überschreiten außer uns die Ein-Prozent-Grenze. 178 Millionen Euro wurden im gleichen Jahr dem «Fonds de la coopération au développement» zugewiesen (die Zahlen entstammen dem Jahresbericht der luxemburgischen Entwicklungshilfe).

Warum so viel Geld für unterentwickelte Staaten, die das Geld doch nur zum Fenster hinausschmeißen? Wäre diese große Summe nicht besser hier in Luxemburg investiert? Auch bei uns gibt es Arme! Regelmäßig hört man solche Kommentare.

Sicher, auch bei uns gibt es Armut, die aber wohl in keinem Verhältnis zur Armut in einem der Schwerpunktländer der luxemburgischen Entwicklungshilfe steht. Aber ein Plädoyer für Entwicklungshilfe im Ausland heißt ja nicht, dass man nicht auch für soziale Gerechtigkeit im Inland Geld ausgeben soll. Auf die Gefahr hin, abgedroschene Floskeln zu wiederholen: Auch wir haben Verantwortung, und wenn es nur durch das Versprechen ist, das unser Land 1970 einging. Aber die Verantwortung geht natürlich weit darüber hinaus. Dass die Einwohner aus den gut entwickelten Industrieländern speziell dann spenden, wenn die Not in den Ländern der Dritten Welt am größten ist, mag ja schön sein, genügt aber nicht. Entwicklungshilfe ist nicht nur dazu da, dann Lebensmittel zu schenken, wenn gerade Hungersnot herrscht. Sie soll den betroffenen Menschen helfen, sich irgendwann selbst helfen zu können. Einer der Gründe, warum bei den Entwicklungshilfeprojekten die Schulbildung ganz vorne steht. Die luxemburgische Kooperations- und Entwicklungshilfe mag zwar ein Tropfen auf den heißen Stein sein, aber es ist einer.

Doch bei jeder noch so noblen Angelegenheit gibt es eine Schattenseite. Einige bezeichnen Entwicklungshilfe als neue Art des Kolonialismus. Die Frage ist, wo hört die Hilfe auf und wo beginnt das Investieren in eine eventuell ertragreiche Zukunft?

Die Krux mit der Demokratie

Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hielt die Machtstrukturen an der Spitze der Empfängerländer für das größte Hindernis ihrer Entwicklung. Fünf der neun Zielländer der luxemburgischen Entwicklungspolitik befinden sich in einer Region, in der etliche Länder durch schlechte staatliche Strukturen gekennzeichnet sind, eben auch, weil der Bildungsstand oft niedrig ist. Für einen funktionierenden Staat braucht man gut ausgebildete Menschen. Nicht umsonst ist Bildung einer der Schwerpunkte der luxemburgischen Kooperationspolitik, und Luxemburg wäre gut beraten, dass sie das auch weiterhin bleibt.

Claude Molinaro