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Mit Risiken und Nebenwirkungen – Im Radsport wird das Schmerzmittel Tramadol ab dem 1. März verboten

Mit Risiken und Nebenwirkungen – Im Radsport wird das Schmerzmittel Tramadol ab dem 1. März verboten

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Ab dem 1. März ist das Schmerzmittel Tramadol im Radsport verboten. Für Dr. Anik Sax von der luxemburgischen Antidoping-Agentur eine sinnvolle Maßnahme. Vor allem wegen der zum Teil heftigen Nebenwirkungen, die der Wirkstoff mit sich bringt.

Die letzte Stunde ist die hektischste Phase in einem Radrennen. Kein Wunder also, dass es in dieser Zeit häufig zu Stürzen kommt. Für Radprofi Taylor Phinney könnten sich einige Stürze allerdings auch durch den Gebrauch von „Finish bottles“ erklären. Trinkflaschen, die Fahrer vor der letzten Rennstunde zugereicht bekommen, würden nicht selten Koffeinpillen und Schmerzmittel enthalten, erklärte der US-Amerikaner bereits 2012 gegenüber VeloNation.

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Nach so einem Cocktail könne man sich etwas benommen fühlen, weshalb Phinney es eigenen Aussagen zufolge nie selbst genommen habe. Es sei zu gefährlich. Vor allem wenn der Wirkstoff Tramadol im Spiel ist. Ein bei Radsportlern durchaus beliebtes Schmerzmittel. 2017 hat die Welt-Antidoping-Agentur in über 4 Prozent der von Radsportlern abgegebenen Dopingproben Spuren von Tramadol festgestellt. Seit einiger Zeit wird der Wirkstoff für Stürze im Peloton verantwortlich gemacht. Der ehemalige Sky-Profi Michael Barry erklärte, dass Tramadol ihn euphorisch gemacht habe und die Schmerzen in den Beinen getötet habe. Allerdings sei es ihm schwergefallen, sich zu konzentrieren.

Schwindelgefühle und verschwommene Sicht

Bei Tramadol handelt es sich um ein synthetisches Opiumderivat, das in vielen Schmerzmitteln vorkommt, die zur Behandlung von mittelstarken bis starken Schmerzen benutzt werden. Zum Beispiel nach Operationen oder bei Rückenschmerzen. Auf der WADA-Dopingliste ist Tramadol nicht zu finden. Der Welt-Radsportverband UCI hat den Wirkstoff dennoch verboten. Ab dem 1. März dürfen die Radfahrer nicht mehr auf dieses Schmerzmittel zurückgreifen. Für Dr. Anik Sax, Generalsekretärin der luxemburgischen Antidoping-Agentur, ein begrüßenswerter Schritt. „Die Nebenwirkungen von Tramadol sind nicht zu unterschätzen und gefährden die Gesundheit der Sportler.“ Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehört Schwindel, der bei mehr als 10 Prozent der mit Tramadol behandelten Patienten auftritt. Etwas seltener sind Kopfschmerzen und sogar verschwommenes Sehen und Halluzinationen können auftreten.

Für Anik Sax sollte Tramadol auch auf der Verbotsliste der Welt-Antidoping-Agentur stehen. Dafür müssen zwei von drei Bedingungen erfüllt sein: Das Mittel gefährdet die Gesundheit, es steigert die sportliche Leistung und es steht im Widerspruch zum Sportgeist. „Meiner Meinung nach treffen mindestens zwei der drei Kriterien auf Tramadol zu“, sagt Sax und verweist auf eine Studie der Universität Granada, die eine Leistungssteigerung bei Radsportlern durch Tramadol festgestellt hat.

«Im Regen stehen lassen»

Die UCI hat seit Jahren versucht, ein allgemeines Verbot von Tramadol durchzusetzen, doch die WADA weigerte sich bislang. „Hier hat die WADA den Welt-Radsportverband ein wenig im Regen stehen lassen“, findet Sax. Die WADA hat Tramadol seit längerem in ihrem Monitoring-Programm mit den Mitteln, die unter Beobachtung stehen. Sax hält das Verbot jedenfalls für sinnvoll.

„Natürlich gibt es noch viele andere Schmerzmittel, auf die Radsportler immer noch legal zurückgreifen können, aber nicht alle Schmerzmittel haben so starke Nebenwirkungen wie Tramadol. Mit dem Verbot schützt der Welt-Radsportverband seine Athleten“, so Sax. Für die Sportler wird das Leben allerdings wieder komplizierter. „Es reicht nicht mehr aus, dass Athleten die WADA-Liste mit den verbotenen Substanzen kennen, sondern müssen auch die Liste ihres Verbandes im Auge behalten. Das mag für die Profis aus den großen Mannschaften nicht unbedingt ein Problem sein, da sie medizinisch betreut werden, aber für alle anderen Fahrer. Die UCI muss dafür sorgen, dass die Information über das Tramadol-Verbot jeden Sportler erreicht. Das ist nicht immer so einfach, wie es vielleicht klingen mag“, warnt Sax.

Ein Radsportler, der positiv auf Tramadol getestet wird, riskiert eine Disqualifikation und muss eine Geldstrafe von 5.000 Schweizer Franken (rund 4.400 Euro) bezahlen, wenn er Mitglied in einer UCI-registrierten Mannschaft ist. Wenn nicht, werden immer noch 1.000 Schweizer Franken fällig. Ein Wiederholungstäter wird nicht nur disqualifiziert, sondern auch noch für fünf Monate gesperrt.

Wie bei der Bestimmung des Blutzuckerspiegels

Da es sich beim Verbot um eine Initiative der UCI handelt, die ausschließlich den Radsport betrifft, ist es der Weltverband, der für die Kontrollen zuständig ist. Erste Kontrollen sollen ab dem 10. März bei Paris-Nice durchgeführt werden.

Der Test ist dabei relativ einfach. Er wird nach der gleichen Methode durchgeführt wie der Blutzuckertest bei Diabetikern. Ein kleiner Tropfen Blut aus dem Finger reicht aus, um Spuren von Tramadol nachzuweisen. Das Ergebnis soll laut UCI nach spätestens vier bis fünf Tagen vorliegen.

Es kann zwar auch im Urin nachgewiesen werden, allerdings ist das wesentlich aufwendiger. „Die Probe muss dann ja erst einmal ins Labor, wird dort untersucht und das Ergebnis dann weitergeleitet. Das würde schon wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen“, erklärt Sax. Die Leiterin der luxemburgischen Antidoping-Agentur weist zudem auf eine etwas bizarre Situation hin: Die von der WADA angeordneten Urinproben werden im Labor weiterhin auf Tramadol untersucht, da der Wirkstoff unter Beobachtung steht. Konsequenzen hätte ein positiver Test allerdings nicht, da es sich nicht um eine Kontrolle der UCI handelt.

Problem wird nicht gelöst

Mit dem Tramadol-Verbot soll eine gefährliche Substanz aus dem Peloton verschwinden, das Problem des Schmerzmittelmissbrauchs wird dadurch allerdings nicht gelöst. So hat der belgische Zeitfahrspezialist Victor Campenaerts im Guide Cyclisme 2019 erklärt, dass er vor dem Aufwärmen ein Koffein-Gel mit Paracetamol zu sich nehmen würde. „Das Problem der Schmerzmittel im Sport wird man wohl nie ganz gelöst bekommen“, gibt sich Anik Sax realistisch.

Dabei sind die Gefahren nicht zu unterschätzen. Auch weniger starke Schmerzmittel wie Paracetamol können abhängig machen und zu schwerwiegenden Nierenschäden führen.

roger wohlfart
28. Februar 2019 - 12.32

Wenn man krank oder verletzt ist, sollte man, vernünftigerweise, bis zur Geneseung auf das Ausüben seines Sportes verzichten. Das gilt auch für Leistungssportler und in besonderem Masse für Hobbysportler. Leider gibt es aber auch unter Freizeitsportlern solche, die leistungsfördernde Substanzen einnehmen. Wie wäre es sonst zu erklären, dass bei Strassen- sprich Volksläufen Teilnehmer mit Schaum vor dem Munde und glasigen Augen, vor sich hinstierend, die Ziellinie wankend überqueren und nicht zu stoppen sind? Lächerlich und lebensbedrohlich obendrein!