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Radsport„Alles ist endlich“: Das Abschlussinterview mit Leopard-Teammanager Markus Zingen

Radsport / „Alles ist endlich“: Das Abschlussinterview mit Leopard-Teammanager Markus Zingen
Für Markus Zingen endet die Reise nach 13 Jahren Foto: Editpress/Anouk Flesch

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In Radsportkreisen kursierte bereits seit einiger Zeit das Gerücht, dass die dänisch-luxemburgische Kontinentalformation Leopard TOGT Pro Cycling vor einer ungewissen Zukunft stehe. Die Pressemitteilung vom 3. November mit dem Titel „Das Ende einer Ära“, kam nicht ganz überraschend. Das Tageblatt hat beim deutschen Teammanager Markus Zingen nachgefragt.

Aus der Pressemitteilung Anfang November konnte man entnehmen, dass das angestrebte Ziel – der Aufstieg zum Pro-Kontinental-Team – nicht möglich sei, da es nicht gelungen war, einen weiteren Sponsor für das ambitionierte Projekt zu gewinnen. „Dieser Mangel an finanziellen Mitteln ist der einzige Grund, warum sich das Team entschlossen hat, aus dem Radsport auszusteigen», erklärte Mogens Tveskov, der CEO von Leopard TOGT Pro Cycling. Der 44-jährige Markus Zingen war von Beginn an als Sportlicher Leiter dabei und hatte, nach der Fusion von Riwal und Leopard Pro Cycling, die Funktion des Teammanagers übernommen.

Tageblatt: Seit wann begleiteten Sie das Projekt „Leopard“?

Markus Zingen: Ich bin seit knapp 13 Jahren dabei. Seit Dezember 2010, also schon zu WorldTour-Zeiten, bin ich in Luxemburg. Das Kontinentalteam habe ich während zwölf Saisons begleitet.

Um den Schritt gehen zu können, wurde ein dritter großer Sponsor gesucht. Es wurden auch gute Gespräche geführt. Dabei ist es jedoch geblieben.

Zu welchem Zeitpunkt kam die Information, dass die Zukunft von Leopard-TOGT nicht gesichert sei?

Das war im Sommer dieses Jahres. Wir haben die Fahrer früh in Kenntnis gesetzt, um den Zeitpunkt der nationalen Meisterschaften herum. Ihnen wurde mitgeteilt, dass es nicht garantiert sei, dass es im kommenden Jahr weitergehen würde. Nach der Fusion der beiden Mannschaften war es das Ziel, nächste Saison zu einem Pro-Konti-Team aufzusteigen. Bis vor drei Jahren ist Riwal Pro Cycling auch auf diesem Niveau gefahren und die Ambition war es, dorthin zurückzukehren. Um den Schritt gehen zu können, wurde ein dritter großer Sponsor gesucht. Es wurden auch gute Gespräche geführt. Dabei ist es jedoch geblieben.

Wäre es nicht möglich gewesen, einen Gang zurückzuschalten und als Leopard Pro Cycling weiterzumachen wie zuvor?

Das würde theoretisch gehen und wir haben auch darüber nachgedacht. Im vergangenen Jahr waren wir froh, mit TOGT einen Partner gefunden zu haben. Weiterzumachen wie zuvor hätte bedeutet, dass Flavio (Becca), der die Mannschaft über all die Jahre unterstützt hat, noch einmal viel Geld hätte investieren müssen. Aus diesem Grund war das eher keine Option. Nach der Fusion war von vornherein klar ausgemacht, dass neben den Sponsorengeldern von Flavio Becca und Mogens Tveskov ein zusätzlicher Partner reinkommen muss, um den nächsten Schritt zu gehen. Das ist auch so kommuniziert worden.

Wie bewerten Sie die Ergebnisse des ersten Jahres? 

Im Übergangsjahr haben wir gleich ein umfangreiches Programm mit einem entsprechenden Budget absolviert. Alles ist wie geplant aufgegangen, sowohl was das Sportliche wie auch das Finanzielle anbelangt. Bei der Sponsorensuche wurde ein Auge auf den dänischen Markt geworfen, wo der Radsport derzeit boomt. Es hat nicht viel gefehlt. Wenn du jedoch am Ende des Tages die Unterschrift nicht bekommst, oder auf das nächste Jahr vertröstet wirst, dann muss irgendwann eine Entscheidung getroffen werden.

Wie geht es für die Fahrer weiter?

Nach 13 wunderbaren Jahren mussten wir einsehen, dass alles endlich ist. Es war uns wichtig, die Fahrer früh in Kenntnis zu setzen, um ihnen die Gelegenheit zu geben, sich nach Alternativen umzusehen. Es ist nicht so, dass zehn Fahrer auf der Straße landen werden. Der eine oder andere, wie Cédric (Pries) und Colin (Heiderscheid), hatten sowieso vor, auf Amateurniveau weiterzufahren. Mats (Wenzel) und Tim (Teutenberg) haben sich dem Lidl-Trek Development Team angeschlossen. Jetzt wollen wir, zusammen mit Andy und Frank Schleck, eine Lösung für Mil (Morang) finden, der in diesem Jahr vom Verletzungspech verfolgt war.

Loïc Bettendorff wird demnächst einen Vertrag beim Global 6 Cycling Team unterschreiben, das im nächstem Jahr unter luxemburgischer Lizenz fahren wird. Könnte dieser Rennstall die Rolle von Leopard, als Sprungbrett für die einheimischen Nachwuchstalente, übernehmen?

Da ich keinen Einblick habe, ist das für mich schwer einzuschätzen. Global 6 hat die Ambition, auf allen Kontinenten aktiv zu sein, und ist demnach sehr international aufgestellt. Wenn sie sich in Luxemburg registrieren, müssen sie drei bis vier Luxemburger verpflichten. Ich glaube, dass der Ansatz dieser Mannschaft ein anderer ist. Leopard war sehr mit Luxemburg verwurzelt. Trotz der internationalen Ausrichtung kann sich Global 6 sicherlich in diese Richtung entwickeln und hier Fuß fassen.

Wir waren eine der wenigen Mannschaften, die das Hauptaugenmerk auf die Ausbildung der jungen Fahrer gelegt haben. Am Beispiel von Jan Maas kann man sehen, dass auch Fahrer, denen man etwas mehr Zeit gibt, den Sprung nach oben noch schaffen können.

Ist der Radsport schnelllebiger geworden, insbesondere was das Sponsoring anbelangt?

Das ist schwierig zu beantworten. Es war nie einfach, Sponsoren zu finden. Was sich geändert hat, ist das Scouting. Die Talente werden immer früher von den WorldTour-Teams verpflichtet. Da dies bei Remco Evenepoel gut geklappt hat, sehen sich viele unter Zugzwang, um die Talente bereits in jungen Jahren an sich zu binden. Die Development Teams haben sicherlich ihre Daseinsberechtigung. Wir waren eine der wenigen Mannschaften, die das Hauptaugenmerk auf die Ausbildung der jungen Fahrer gelegt hat. Am Beispiel von Jan Maas kann man sehen, dass auch Fahrer, denen man etwas mehr Zeit gibt, den Sprung nach oben noch schaffen können.

Wie geht es jetzt für Sie selbst weiter?

Ich gehe jetzt sofort in Rente. (lacht) Spaß beiseite. Für mich war es eine Ehre, dabei gewesen zu sein. 13 Jahre sind eine lange Zeit im Radsport. Die habe ich sehr genossen. Ich glaube, dass es uns ganz gut gelungen ist, unsere Fahrer nicht nur auf sportlicher, sondern auch auf menschlicher Ebene weiterzubringen. Ich bin auch dankbar dafür, dass Flavio Becca das Ganze so lange mitgemacht hat und mir die Möglichkeit gegeben hat, das Projekt mitzugestalten. Es ist jetzt nicht von einem Tag auf den anderen vorbei. Es gibt noch eine Menge an Abwicklungsarbeit zu erledigen. Das wird jetzt in Ruhe gemacht. Danach werde ich schauen, wohin die Reise geht. Radsport ist mein Leben, das wird es auch weiterhin bleiben. Ich schließe nicht aus, dass ich vielleicht einmal durchschnaufe, um das Ganze zu verarbeiten, und, wie die Fußballtrainer, eine kreative Pause einlege. Wenn ein interessantes Angebot kommen sollte, wäre ich dafür natürlich offen, da die Stellen in dem Bereich sehr dünn gesät sind.