Headlines

Ein Risiko von 600 Millionen Euro: Warum die Reduktion der Betriebssteuer als problematisch gilt

Ein Risiko von 600 Millionen Euro: Warum die Reduktion der Betriebssteuer als problematisch gilt
Die Arbeitnehmerkammer steht einer Senkung der Körperschaftssteuer kritisch gegenüber.

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die CSV und die DP wollen die Betriebssteuer für Unternehmen von 26 auf rund 20 Prozent senken. Die Arbeitnehmerkammer hat nun vorgerechnet, was das kostet – und spricht von einem möglichen Steuerverlust von 620 Millionen Euro.

Von Christian Muller und Pol Schock

Die CSV fordert es, die DP auch: die Reduktion der Betriebssteuer. Aktuell liegt der offizielle Satz bei 26 Prozent. Zu Beginn der Legislaturperiode betrug er noch 29 Prozent. Geht es jedoch nach den Wahlprogrammen von DP und CSV, soll der Satz noch weiter auf 20 Prozent gesenkt werden – knapp unterhalb des OECD-Durchschnitts.

Als Grund für diese unternehmerfreundliche Forderung führen die Parteien die internationale Entwicklung der Fiskalpolitik an. Luxemburg soll als Wirtschaftsstandort für Unternehmen weiterhin attraktiv sein. Zudem sei die Möglichkeit von fiskalen Abschreibungen für Unternehmen immer weniger gegeben, so CSV-Spitzenkandidat Claude Wiseler bei der Programmvorstellung.

Die Arbeitnehmerkammer hat nun Zahlen zur Debatte über gewünschte Steuerkürzungen von Unternehmen geliefert. Die Steuer, um die es geht, hat dem Luxemburger Staat im Jahre 2017 Einnahmen in Höhe von fast zwei Milliarden Euro beschert (2014: 1,6 Milliarden). Das sind etwa zehn Prozent der Jahreseinnahmen des Staates. Insgesamt 76.000 Unternehmen sind betroffen. Die Arbeitnehmerkammer rechnet vor, dass bei einem offiziellen Satz der Betriebssteuer von 26 Prozent eine Körperschaftsteuer von 18 Prozent anfällt. Die Hypothese: Würde man den offiziellen Satz nun auf 20 Prozent senken, dann würde (bei gleichbleibenden Bedingungen) der effektive Steuersatz auf 13 Prozent fallen. Mit dramatischen Auswirkungen für den Staatshaushalt.

„Bürger statt Firmen entlasten“

Denn ein Steuersatz im Jahr 2014 von nur 13 Prozent (anstelle von 21 Prozent) hätte dem Luxemburger Staat Mindereinnahmen in Höhe von 600 Millionen Euro gebracht. Hochgerechnet auf das Jahr 2017 handle es sich gar um Mindereinnahmen in Höhe von 621 Millionen Euro.

Jedoch ist die Steuer so verteilt, dass 2014 rund 570 Unternehmen für satte 1,2 Milliarden an den Steuereinnahmen stehen. Hätte der Steuersatz der 570 Unternehmen im Jahr 2014 nun nur 13 Prozent (anstelle von 21 Prozent) betragen, dann hätten diese 450 Millionen Euro an Steuern weniger bezahlt.

Nach den Gewinnern der von manchen gewünschten Steuerreform brauche man somit auch nicht lange zu suchen, schreibt die CSL. „Es handelt sich um eine Handvoll sehr großer Unternehmen in Luxemburg.“

Hinzu kommt, dass es zwar genaue Wünsche gibt, was die Reduzierung des Steuersatzes angeht – aber keine genauen Ideen, wie die dann fehlenden 600 Millionen an Einnahmen eigentlich kompensiert werden sollten. Und solange diese nicht auf dem Tisch liegen, wäre die Steuerreform nichts anderes als ein „unnützes Risiko für den Staatshaushalt“ und ein Geschenk für Wohlhabende.

Das beanstandet auch der aktuelle Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP). „Wir sollten die Bürger entlasten und nicht die Firmen“, so Schneider bei einer Wahlveranstaltung in Diekirch. Schneider hält es gar für widersprüchlich, wenn Parteien für weniger Wachstum plädieren, aber gleichzeitig mit reduzierten Steuersätzen internationale Unternehmen anziehen wollen.

* In einer ersten Version war irrtümlich von Körperschaftsteuer anstelle von Betriebssteuer die Rede.

SM
6. Oktober 2018 - 15.40

"... die Bürger entlasten": Angesichts der wirklichen Regierungspolitik der vergangenen Legislaturperiode ist dies nichts als Lügenpropaganda! Zur Erinnerung: Gambia verdoppelte auf maßgebliches Drängen der Sozialisten die Quellensteuer auf (sehr mickrigen) Zinsen (Zins sowieso schon nahe 0%)!

L.Marx
6. Oktober 2018 - 14.26

Die Analysen der CSL sind normalerweise korrekt. Das scheint auch diesmal der Fall zu sein. Die darauf basierende Hypothese stimmt allerdings nicht. Entscheidend ist, was in dem kurzen Klammersatz (bei gleichbleibenden Bedingungen) steht. Die Bedingungen werden in den nächsten Jahren aber nicht gleichbleibend sein. Durch laufende bzw. schon beschlossene internationale Regulierungsmassnahmen wird sich die Bemessungsbasis für die Körperschaftssteuern verbreitern und die Abschreibungsmöglichkeiten - die in Luxemburg beachtlich sind - werden sich verringern. Das Ziel der OECD - das ja auch die aktuelle Koalition teilt - ist doch, effektiven Steuersatz und "taux affiché" näher zusammenzubringen um so, wenn man den Steuerwettbewerb zwischen den Ländern schon nicht stoppen kann, diesen wenigstens transparenter zu machen.

Grober J-P.
6. Oktober 2018 - 12.35

Körperschaftssteuer runter, aber MwSt bitte ordentlich nach oben, damit der kleine "Bauer" auch etwas davon hat. Jetzt geht es ans Eingemachte, bitte vor den Wahlen nachdenken!

Le républicain
6. Oktober 2018 - 11.13

Etienne Schneider (LSAP). „Wir sollten die Bürger entlasten und nicht die Firmen“, falls dem so sein sollte hätte die LSAP doch diese Forderung ins Programm aufnehmen sollen und sagen wieviel % man dann reduzieren könnte, gegebenenfalls und wie sie dann diesen Steuerausfall im Staatsbudget zu kompensieren gedenke....