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NahostNetanjahu will Gazastreifen „entmilitarisieren“ und „entradikalisieren“ – zwölf weitere Geiseln frei

Nahost / Netanjahu will Gazastreifen „entmilitarisieren“ und „entradikalisieren“ – zwölf weitere Geiseln frei
Palästinenser auf der Flucht aus dem Norden des Gazastreifens Foto: AFP/Mahmud Hams

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Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu plant nach einem Sieg über die islamistische Hamas eine radikale Umgestaltung des Gazastreifens.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu will eine radikale Umgestaltung des Gazastreifens voranbringen und zieht dabei Vergleiche zur Entnazifizierung in Deutschland nach 1945. „Nach dem Sieg über die Hamas“ seien zwei Dinge nötig, sagte Netanjahu in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit den Zeitungen Bild und Welt sowie Politico.

„Erstens entmilitarisieren wir Gaza und zweitens entradikalisieren wir Gaza. Und genau das wurde in Deutschland, Japan und anderswo getan“, sagte Netanjahu. Er verwies auf die Entnazifizierung Deutschlands, das heute ein völlig anderes Land sei als in den 1930er Jahren. „Dies wurde durch den totalen militärischen Sieg und die Veränderung der Kultur, der Bildung und des Lernens über die Fehler der Vergangenheit erreicht.“

Genau das wurde in Deutschland, Japan und anderswo getan

Benjamin Netanjahu

Mit Blick auf die Situation im Gazastreifen fragte Netanjahu: „Welchen Sinn hat es, diesen Krieg zu gewinnen, die Hamas auszurotten und nicht auf eine Entradikalisierung Gazas hinzuwirken?“ Der israelische Ministerpräsident betonte zudem, Israel werde die Einsätze gegen die Hamas nach dem Ende der derzeit vereinbarten Feuerpause wieder aufnehmen. Denn die Vertreter der Hamas sagten, „dass sie das Massaker, das sie an uns verübt haben, (…) wiederholen werden“.

Kritik? „Völlig inakzeptabel.“

Netanjahu wies Kritik von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez an der Kriegsführung Israels als „völlig inakzeptabel“ zurück. Israel halte sich an das Kriegsrecht und nehme keine Zivilisten ins Visier. Jeder Tod eines Zivilisten sei eine „Tragödie“.

Wer nicht in der Lage sei, zwischen einem gezielten Angriff auf Zivilisten und „den legitimen Militäraktionen Israels zu unterscheiden“, der habe „jeglichen moralischen Kompass verloren“, sagte Netanjahu. Israel habe „keine andere Wahl, als die Hamas zu zerstören“. Aber auch danach wird Israel nach seinen Worten weiterhin „die vorrangige militärische Verantwortung“ im Gazastreifen tragen.

Weitere Geiseln wieder frei

Am fünften Tag der Feuerpause mit Israel hat die islamistische Palästinenserorganisation Hamas am Dienstagabend nach israelischen Angaben zwölf weitere Geiseln freigelassen. Wie ein AFP-Fotograf beobachtete, wurden die allesamt weiblichen Geiseln nahe dem Grenzübergang Rafah an Mitarbeiter des Roten Kreuzes übergeben und bestiegen Fahrzeuge der Hilfsorganisation. Die israelische Armee erklärte kurz darauf, die Geiseln – zehn Israelis und zwei ausländische Staatsbürger – seien auf dem Weg nach Israel. Zuvor hatte die Hamas erklärt, im Gegenzug für die zehn israelischen Geiseln sollten am Dienstag 30 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen freikommen. Bis Montagabend waren insgesamt 50 israelische Frauen und Kinder sowie 19 weitere ausländische Geiseln von der Hamas freigelassen worden. Im Gegenzug entließ Israel 150 palästinensische Gefangene aus seinen Gefängnissen.

Netanjahu warnte vor der von Islamisten ausgehenden Gefahr. Die Hamas sei „Teil der Terrorachse des Iran, der Hisbollah, der Huthis und anderer“. Ihr Ziel sei es, „zuerst den Nahen Osten und dann die Welt in ein Zeitalter der Barbarei zu führen“.

Hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas waren am 7. Oktober nach Israel eingedrungen und hatten nach israelischen Angaben etwa 1.200 Menschen getötet und rund 240 Menschen in ihre Gewalt gebracht.

Israel bombardierte als Reaktion wochenlang massiv Ziele im Gazastreifen aus der Luft und vom Boden aus. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem fast 15.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet. (AFP)