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Zusammen feiern

Zusammen feiern
(Tageblatt)

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Jahr zwei der Reform. In die Philharmonie hat die Regierung dieses Jahr zum feierlichen Akt anlässlich des Nationalfeiertags eingeladen. Keine aufgeregten Kommentare, keine geharnischten Leserbriefe. Als ob die Einführung des zivilen „Tedeums“ schon Ewigkeiten zurückliegen würde.

So schnell können sich Wellen der Empörung legen. Auch jene, die vor dem Urnengang vom 7. Juni besonders hoch schlugen, werden sich in den kommenden Wochen besänftigen. Knapp zwei Wochen nach dem deutlichen Triple-No zu den Referendumsfragen haben sich die erhitzten Gemüter sowohl aufseiten der Ja- als auch der Nein-Sager beruhigt. Ein positives Zeichen, das jene widerlegen wird, die bereits von einem tiefen Riss in der Gesellschaft sprachen, quasi einen Bürgerkrieg zwischen „Ureinwohnern“ und „Eindringlingen“ heraufbeschwören wollten.

Lucien Montebrusco lmontebrusco@tageblatt.lu

Morgen Dienstag wird Luxemburg wieder vereint feiern. Nationalfeiertag war nie das Fest nur einer Bevölkerungsgruppe des Landes, auch wenn in diesen Tagen aus verständlichen Gründen an Schaufenstern, öffentlichen Gebäuden und vor allem Privatwohnungen ausschließlich die Luxemburger Trikolore bzw. der Rote Löwe zu sehen ist.

Das Ergebnis vom 7. Juni war demnach wohl doch kein Ausdruck latenter Fremdenfeindlichkeit, wie eine allzu schnelle und oberflächliche Analyse vermuten lassen konnte. Also doch eher ein Waterloo für die Regierungskoalition? Richtiger wäre es wohl, von einer ernst zu nehmenden Warnung zu reden. Denn anders als so manche Kommentatoren dies gleich nach dem Urnengang meinten: Eine Aufforderung an die Regierung, den Hut zu nehmen, war das Referendumsergebnis nicht. Das bestätigen sowohl die rezenten Umfrageergebnisse, die dieser Tage von Wort und RTL veröffentlicht wurden, als auch die vom Tageblatt wenige Tage zuvor publizierte Erhebung.

Dass der Beliebtheitsgrad einer Regierung im Laufe der Mandatszeit zurückgeht, ist an sich nichts Überraschendes und auch keine Katastrophe. In den meisten europäischen Ländern nutzen die Wähler „kleine“ Wahlen und andere ihnen gebotene Möglichkeiten zur direkten Willensbekundung, um jene mit Liebesentzug zu bestrafen, denen sie zuvor bei den Parlamentswahlen in die Logenplätze des staatlichen Machtapparats verholfen hatten. Eine Art Warnung an die Regierenden, sich auf die Wähler und deren Interessen zurückzubesinnen. Insofern zieht mit dem Referendum ein Stück Normalität in das politische Leben Luxemburgs ein.

Längst zum Alltag zurückgekehrt ist auch das Zusammenleben in der Luxemburger Gesellschaft, wenn es denn überhaupt referendumsbedingte Spannungen gegeben haben soll. Wer spricht schon noch von der Schmach vom 7. Juni, außer die Parteien und jene Zeitgenossen, die sich in den Vorwahlwochen besonders stark für das Nein oder das Ja engagiert hatten? Luxemburger von echtem Schrot und Korn, wenn es denn solche überhaupt geben sollte, verdrücken weiterhin Pizza und gegrillte Sardinen, Portugiesen, Italiener, Franzosen genießen ihre Lëtzebuerger Grillwurst, und das ohne aktives Wahlrecht. Gut so.

Dem 23. Juni als feiertagsbedingter Auszeit blicken wohl sämtliche Einwohner des Landes mit Freude entgegen. Bei den Festen in den Straßen der Hauptstadt und in den anderen Ortschaften heute Abend wird die Farbe des Passes keine Rolle spielen, auch nicht, ob der daneben stehende Mitfeiernde wählen darf oder nicht. Da wird das Land wieder das Bild abgeben, das es in Wirklichkeit längst besitzt: Reich an unterschiedlichen Kulturen, Nationalitäten, Sprachen, Gebräuchen. Der Rest wird sich schon noch in den nächsten Jahren klären. Friedlich und im Konsens, wie das Land es seit jeher kann.