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US-Recht ist Macht

US-Recht ist Macht
(AFP)

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Dass das Recht auch ein geopolitisches Machtinstrument sein kann, hat man vor Kurzem in der Affäre um die Strafzahlungen der BNP Paribas in den USA gesehen.

Sicher, die Vereinigten Staaten sind dabei, viele Großbanken für eine Menge Vergehen der letzten Jahre zu belangen. Ganze 13 Milliarden Dollar an Strafen und Wiedergutmachungen musste die (amerikanische) JP Morgan Chase im vergangenen Jahr zahlen. Der Grund: eine ganze Menge Hypothekenpapiere wurden scheinbar überbewertet. Die Art von Geschäften also, welche zum Ausbruch der Finanzkrise geführt haben. Mit nicht ganz so hohen Strafen kamen die anderen amerikanischen Größen der Wall Street in ähnlich gelagerten Fällen davon.

Sascha Bremer (sbremer@tageblatt.lu)

Nicht amerikanische Banken traf es eher wegen anderer Vergehen. HSBC musste wegen mangelnder Kontrolle bei Geldwäschefällen zahlen, die Credit Suisse traf es, weil US-Bürgern unerlaubte Steuerdeals angeboten wurden. Der eidgenössische Konkurrent UBS musste wegen des Libor-Skandals in die Tasche greifen.

Ausnahmslos alle Banken suchten die außergerichtliche Einigung. Diese Möglichkeit zur „gütlichen“ Einigung gibt das US-Justizsystem. Die Prozedur ist im Grunde nicht einmal das Problem bei diesen Fällen, auch wenn eine gründliche Aufarbeitung durch einen Prozess auf der Strecke bleibt. Andersrum hätten die Banken – auch dann, wenn sie sich nichts zuschulden haben kommen lassen – einen nicht zu kalkulierbaren Schaden im Falle eines sich jahrelang hinziehenden Gerichtsprozesses zu akzeptieren.

Man könnte meinen, der Fall BNP Paribas – und die Fälle der anderen europäischen Banken, welche jetzt noch dran sein werden – wäre ähnlich gelagert. Zum Teil stimmt das, denn diesen Banken wird vor allem vorgeworfen, US-Gesetze gebrochen zu haben, weil sie Geschäfte mit Ländern betrieben haben, die unter US-Sanktionen standen. Zum Teil muss man den Banken und der Politik auch Vorwürfe machen, weil man jahrelang dieses Damoklesschwert nicht wirklich beachtete.

Eine Tatsache ist im doppelten Sinn aus rechtlicher Hinsicht jedoch ungerecht: denn während weder internationales, noch europäisches Recht in großem Rahmen gebrochen wurde, hat der US-Präsident das Recht, für seine Banken und Unternehmen Ausnahmen auszusprechen. Ein Recht, von dem die europäischen Unternehmen in diesen Fällen natürlich keinen Gebrauch machen können.

Es gibt aber eben auch eine andere Dimension. Weil der US-Dollar die Reservewährung der Welt ist, können die Vereinigten Staaten eben auch ihre Sanktions- und Außenpolitik dem Rest der Welt über den Mittelsweg ihrer Währung und ihres heimischen Rechts aufzwingen.

Unser Geld, euer Problem

Dabei ist das US-Justizwesen gar nicht so unpolitisch wie gerne so oft gesagt wird. Neben den durchaus parteigebundenen Wahlen für Richter und Staatsanwälte basiert eben genau auch das Instrumentarium, das im Fall BNP Paribas angewendet wurde, auf höchst politischen Gründen: der Bekämpfung des Terrors und der „Schurkenstaaten“ – aber eben aus Sicht der USA.

Der US-Tresor, der hinter der Ausarbeitung dieser Gesetze steht, macht nicht einmal einen Hehl daraus, dass dem so ist. Beamte, die den Dienst mittlerweile quittiert haben, weisen in Publikationen darauf hin, dass man sich bewusst ist, dass das Instrumentarium eben auch in anderen Kämpfen als gegen den des Terrors eingesetzt werden kann.

Schon unter Nixon hieß es „Unser Geld, euer Problem“. Doch bis es dazu kommt, dass in einer globalisierten Welt eine Währung existiert, die anstelle des Dollars nicht im geopolitischen Interesse der USA ausgelegt wird – wie Michel Rocard jüngst in einem Le Monde-Beitrag meinte –, kann es noch dauern.

Bis dahin heißt es: Auch banales US-Recht bedeutet dank des Dollars globale Macht.

(Sascha Bremer)