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Tina über alles

Tina über alles
(Tageblatt)

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Kennen Sie Tina? Sie lächelt, so lange es geht, professionell natürlich, trägt ihre Forderungen gebetsmühlenartig vor, versucht zu überzeugen, zu drohen, kommt mit der kleinen und der großen Folter und schließlich hat sie es, das Einverständnis des Träumers wie des Rebellen.

Tsipras, Träumer und Rebell, scheiterte an Tina. Den fürchterlichsten Orkanen gibt man Frauennamen; Tina ist die Schöpfung einer Frau. Margaret Thatcher repetierte: There Is No Alternative. TINA. Tina. Basta!

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Am Anfang (1957) war das Europa der Sechs. Daraus wurden 9 (1973), 10 (Griechenland, 1981), 12 (1986), 15 (1995), 27 (2004 und 2007) und 28 (Kroatien, 2013). Innerhalb dieser von oben herab beschlossenen politischen Konstruktion führten 11 Staaten 1999 als gemeinsame Währung den Euro ein. Griechenland wurde schon 2001 aufgenommen, dann Slowenien 2007, Zypern und Malta 2008, die Slowakei 2009, Estland 2011, Lettland 2014, Litauen 2015. Auf der Warteliste stehen noch Rumänien, Bulgarien, Polen, Tschechien, Ungarn, Schweden und Kroatien; Dänemark bleibt vorerst lieber draußen, und UK lehnt den Beitritt ab.

Diese rasche Aufzählung verkürzt den Weg zum doppelten Kernproblem, welches noch immer in der Definition der gemeinsamen Pläne und deren zeitgleichen Verwirklichung besteht.

Europa ist, wegen der sehr unterschiedlichen kulturellen, demografischen, wirtschaftlichen und finanziellen Hintergründe, nicht als Ganzes regierbar wie etwa die USA. Heute nicht, morgen nicht und auch nicht übermorgen.
Diese an sich erfreuliche Tatsache (sie lässt uns etwas politischen Spielraum) ist aus der Sicht der Märkte, welche die großen Geldströme weltweit leiten, die Achillesferse (ach, schon wieder griechisch!) des Kolosses. Wer sich nicht an gewisse Regeln hält, die am Ende der wundersamen Kapitalvermehrung dienen und nicht der gerechten Verteilung des erwirtschafteten Mehrwertes, wird von Tina-Politikern wie Merkel, Schäuble und Gleichgesinnten vorgeführt wie am Montag Tsipras mit seiner linken Syriza.

Nach alter Mode hätte man ihn geteert und gefedert, aber „wir“ wollen ja keine Barbaren (griechisch!) sein, und so brauchte er nur abzuschwören, aber öffentlich, vor laufender Kamera. Pablo Iglesias, der spanische Hoffnungsträger von Podemos, dürfte angst und bange geworden sein angesichts des so Gedemütigten.

Oder auch nicht.

Auch Tina ist keine Naturgewalt, sondern ein dem menschlichen Hirn entsprungener Irrglaube, der ausgerottet gehört.
Meinungsfreiheit und Demokratie verlangen Alternativen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, wenn es um die großen Dinge geht. Die Alternative zur Entmündigung und Enteignung Griechenlands wäre der Schuldenschnitt bei gleichzeitiger Hilfe für den Wiederaufbau gewesen, unsretwegen trotz Tsipras, der kein schlimmerer Populist ist als Schäuble.

Aber noch hat Tina ihre Gesellen fest im Griff. Wir müssen uns jetzt auf ihre nächste Attacke einstellen, die im Ruf nach einer gemeinsamen europäischen Wirtschafts- und Finanzregierung kommen wird.

Tina über alles? Kein Spielraum für abweichende nationale Haushaltspolitiken mehr, weil Tina noch furchtbarer ist als ihre griechische Vorgängerin Medusa?

Perseus, worauf wartest du? Kill her!