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Senegalesische Realitäten

Senegalesische Realitäten
(AP)

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Die Fragestellung war die richtige; das Publikum wohl eher nicht. Vergangene Woche wollte Paul Ibrahima Thiao im Anschluss an eine recht aufschlussreiche Konferenz von SOS Faim zum Klimawandel und dessen Auswirkungen auf afrikanische Kleinbauern wissen, was wir Europäer denn ganz konkret gegen den Treibhauseffekt zu unternehmen gedächten.

Die Besucher solcher Konferenzen sind wohl nicht die Hauptverursacher des Treibhauseffektes, und die zuständigen Politiker waren gar nicht erst erschienen.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Dabei hätten sie aus erster Hand erfahren können, welche Konsequenzen die zunehmende CO2-Belastung der Atmosphäre ganz konkret auf die Lebensbedingungen von Kleinbauern in der Sahelzone hat.

Mittlerweile ist bei Klimaexperten unumstritten, was lange von der Industrie und rein wachstumsorientierten Politikern infrage gestellt wurde: Der Klimawandel ist eine messbare und erlebbare Realität und wird sich weiter verschärfen, sollten keine größeren finanziellen und technischen Gegenmaßnahmen genommen werden.

Die Regenzeit in jener Region Senegals, aus der Thiao stammt und wo er seinen Hof hat, hat sich in den letzten Jahren auf drei Monate verkürzt. Fiel der Regen früher mit gewisser Regelmäßigkeit im Juni, so lassen die Niederschläge seit einigen Jahren bis zum Juli auf sich warten. Die kürzere Vegetationsperiode wird zum existenziellen Problem für die Bauern, die innerhalb weniger Monate säen und ernten müssen.

Nur mit viel Innovationsgeist, durch enge Zusammenarbeit mit Biologen, die das entsprechende Saatgut auswählen, und Meteorologen, die detaillierte Prognosen zur anstehenden Regenzeit geben können, gelingt es den kleinen Familienbetrieben, sich selbst und einen Teil der Bevölkerung zu ernähren.

Wenig optimistische Ausblicke

Doch zurück zu der Konferenz von SOS Faim. Wären Luxemburger Regierungspolitiker dabei gewesen, hätten sie kaum mit optimistischen Ausblicken dienen können. Statt sich dem Ziel einer CO2-Reduktion bis zum Jahre 2020 um 20 Prozent anzunähern, driftet unser Land weiter in Richtung verstärkter Treibgasemissionen.

Die EU-Kommission hat inzwischen mitbekommen, dass die Ziele wohl kaum erreicht werden können, und so monierte EU-Kommissarin Reding, was bislang seitens des Nachhaltigkeitsministeriums niemand offen aussprach: Luxemburg gehört auf globaler Ebene zu den Schmutzfinken und leistet somit seinen Beitrag zur weltweiten Erwärmung, die weitaus weniger harmlos ist, als wir es hier spüren. Es gehört zu den Tragödien des 21. Jahrhunderts, dass ausgerechnet jene Länder des Südens, die ohnehin mit Armut und Hunger zu kämpfen haben, die Hauptleidtragenden des rücksichtslosen Umgangs mit Energieträgern auf Carbonbasis sind, während die Auswirkungen für den reichen Norden (noch) weitaus weniger dramatisch sind.

Die Ende des Monats anstehende Nachfolgekonferenz des UN-Treffens zu Umweltfragen aus dem Jahre 1992 wird keine leichte Übung für Luxemburgs Nachhaltigkeitsminister werden.
Außer einer Reihe von Absichtserklärungen und Versprechen – etwa jenen zu stark geförderter Elektromobilität, zu mehr Wind- und Solarenergie, zu einer Verbesserung der öffentlichen und sanften Mobilität – bleibt Wiseler und Schank bei Rio+20 eigentlich nur die Möglichkeit des äußerst bescheidenen Auftretens.

Auch oder besonders in wirtschaftlichen Krisenzeiten sollte Klimaschutz dabei eine Priorität sein. Es hat wenig Sinn, auf der einen Seite damit auftrumpfen zu wollen, dass Luxemburg vergleichsweise viel Geld in die Kooperation (früher als Entwicklungshilfe bezeichnet) investiert und auf der anderen Seite durch seine falsche Umweltpolitik bzw. Wirtschaftspolitik weitaus mehr Schaden anrichtet, als mit dem einen Prozent des BIP wiedergutzumachen ist.