Wer nun meint, Europa habe in Sachen Recycling und Effizienz bereits viel erreicht, den kann eine rezente Studie der Beratungsgesellschaft McKinsey zum Nachdenken bringen: So steht das europäische Auto im Schnitt 92 Prozent der Zeit sinnlos in der Gegend rum (geparkt). Im Prozess der Nahrungsmittelherstellung gehen 31 Prozent aller Esswaren verloren.
" class="infobox_img" />Christian Muller cmuller@tageblatt.lu
Und weiter: 2012 hat jeder Europäer im Schnitt 16 Tonnen an Material verbraucht. 60 Prozent davon landeten auf der Müllhalde oder wurden verbrannt. Satte 95 Prozent des Wertes der Rohmaterialien gingen so Jahr für Jahr verloren, hat McKinsey ausgerechnet. Durch Recyceln würden derzeit lediglich fünf Prozent des alten Wertes wiederhergestellt.
Dass das nicht so sein muss, davon ist nicht nur die Zivilgesellschaft überzeugt. In der Studie plädiert auch McKinsey für einen strukturellen Wandel in Europas Wirtschaft: Die „circular economy“ müsse aufgebaut werden.
Hinter dem Konzept „circular economy“ steckt die Idee, von der Natur zu lernen. Auch die Wirtschaft kann aufgebaut werden wie ein Naturkreislauf: Wasser verdunstet und wird zu Regen. Blätter fallen vom Baum und werden zu Nährstoffen. In diesem Sinne könnten ein Computer oder eine Waschmaschine gleich von Anfang an so gebaut werden, dass sie später wieder in ihre Bestandteile zerlegt und die Rohstoffe wiederverwertet werden können. Auch könnten Verpackungen künftig aus kompostierbaren Biokunststoffen hergestellt werden statt aus herkömmlichen Kunststoffen.
Um eine Kreislaufwirtschaft aufzubauen, müssten die heutigen Produktionszyklen komplett überdacht und erneuert werden. Die notwendige Technologie zur Umsetzung einer solchen Vision ist heute jedoch gegeben. Start-ups mit neuen, innovativen Geschäftsmodellen zeigen den Weg: Sie entwickeln Lösungen, etwa im Bereich Car-Sharing oder erneuerbare Energien.
McKinsey erwartet, dass – falls die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft voll umgesetzt würden – die Wirtschaft ihre Kosten bis 2030 um jährlich 900 Milliarden Euro reduzieren könnte. Dies würde nicht nur die Wirtschaft wettbewerbsfähiger machen und neue Jobs schaffen, sondern auch die Umwelt schonen und die Lebensqualität der Bürger verbessern.
Und das Schlagwort „circular economy“ gewinnt an Popularität. Auch in Luxemburg gibt es mittlerweile, unter dem Dach von Luxinnovation, ein Netzwerk, das sich mit dieser Thematik beschäftigt. Es schätzt, dass bereits bis zu 15.000 Jobs hierzulande in den Bereich „circular economy“ fallen könnten. In den hiesigen Werken von ArcelorMittal wird beispielsweise nur recycelter Stahl verarbeitet.
So gibt es viele einzelne kleine Initiativen. Es fehlt aber noch die große Vision, eine europäische Politik, die Rahmenbedingungen festlegt und die Investitionen in die richtige Richtung treibt
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