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Problem des Systems

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Lord Sebastian Coe, zweifacher Olympiasieger über 1.500 m, wird wohl am 19. August in Peking zum nächsten Präsidenten des Internationalen Leichtathletikweltverbandes IAAF gewählt.

Am 26. Februar 2016 wird wahrscheinlich Michel Platini neuer Präsident des Internationalen Fußballweltverbandes FIFA. Thomas Bach wurde im September 2013 zum Vorsitzenden des Internationalen Olympischen Komitees IOC gewählt. In fast drei Jahren wurden somit die wichtigsten Positionen im Weltsport neu besetzt. Bedeutet dieser Wechsel zu einer neuen Generation an Sportpolitikern auch einen Wechsel zu mehr Transparenz?

David Thinnes dthinnes@tageblatt.lu

Lord Coe weiß genau, wie er sich auf dem sportpolitischen Parkett zu bewegen hat. Der Chef der Olympischen Spiele 2012 hatte zum Beispiel seine Finger bei der Vergabe der ersten Europäischen Spiele nach Baku doppelt im Spiel: Als Mitglied der EOC – Vereinigung der Europäischen Olympischen Komitees – gab er seine Stimme für Aserbaidschan ab und machte hinter den Kulissen mit seiner eigenen Firma Geschäfte mit den Aserbaidschanern. Vor kurzem hat sich der Brite einen großen Packen Stimmen für die Wahl des IAAF-Präsidenten gesichert – und zwar mit der Zusicherung einer „Spende“ von 100.000 Dollar über vier Jahre an alle 214 IAAF-Mitgliedsstaaten. U.a. hat er die Stimme des Leichtathletikverbandes der kleinen Staates Europas, zu dem auch Luxemburg gehört, und auch größerer Nationen wie Deutschland sicher.

Michel Platini hat sich Transparenz groß auf die Fahne geschrieben. Dass er bei der WM-Vergabe 2022 für Katar stimmte, ist bekannt. Warum er zuvor mit dem Emir zu Abend gegessen hatte und sein Sohn nun einen Managementposten bei einem Ableger eines katarischen Staatsfonds hat, darüber schweigt der Franzose.

Schweigen tut auch Bach, der das Sportpolitik-Handwerk bei Horst Dassler gelernt hat: Der Adidas-Boss gründete in seinem Unternehmen eine sogenannte „sportpolitische Abteilung“ und gilt als Urheber der systematischen Korruption im Weltsport. Dassler war Gründer der Marketingagentur ISL, die über Jahre weit über 100 Millionen Euro an Schmiergeldern an Funktionäre zahlte.

Zwei dieser drei haben eine sehr enge Verbindung zu einem der wichtigsten „Player“ in der Sportpolitik weltweit.
Scheich Ahmad al-Fahad Al-Sabah ist seit 1992 IOC-Mitglied, wo er Vorsitzender des Solidaritätsfonds ist, der für den Zeitraum 2013 bis 2016 über 438 Millionen Dollar (etwa 394 Millionen Euro) verteilen kann (an Athleten, Verbände, nationale olympische Komitees etc.). Außerdem ist der Scheich, der 2000 in seinem Land Minister für Propaganda und dann für Energie war, Präsident der mächtigen Organisation ANOC, Vereinigung aller nationalen olympischen Komitees. Der Kuwaiti ist ebenfalls Mitglied der FIFA-Exekutive. Bach verdankt ihm seine Wahl zum IOC-Präsidenten.
Korruption und Vetternwirtschaft haben im Weltsport Tradition. Dies ist aber nicht nur ein Problem der Personen, sondern vor allem des Systems. Ob die kommenden Wechsel eine Änderung des Systems mit sich bringen werden, ist fraglich.