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Nicht jeder hat die Wahl

Nicht jeder hat die Wahl
(AP)

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Mit dem Parteitag der US-Demokraten in Charlotte und der nun offiziellen Nominierung Barack Obamas zum Kandidaten für seine eigene Wiederwahl geht der Wahlkampf in den USA in die entscheidende Phase.

Doch trotz des riesigen nationalen und internationalen Medieninteresses, der unzähligen Werbespots der verschiedenen Parteien sowie diverser Interessengruppen und vor allem trotz der Milliarden US-Dollar, die bereits seit Monaten in den Wahlkampf gepumpt werden, gehen viele Amerikaner überhaupt nicht wählen.

Michelle Cloos mcloos@tageblatt.lu

Generell liegt die Enthaltung leicht über 40 Prozent, das sind etwas mehr als 90 Millionen US-Bürger, die sich dafür entscheiden, ihr Wahlrecht nicht zu nutzen. Im Jahr 2008, als Präsident Obama zum US-Präsidenten gekürt wurde, konnte ein relativ starker Anstieg der Wahlbeteiligung verzeichnet werden. Eine höhere Beteiligung kommt fast immer den Demokraten zugute, eine steigende Enthaltung hilft hingegen den konservativen Republikanern. Gerade deshalb ist es für das Wahlkampf-Team der Demokraten so wichtig, die Menschen davon zu überzeugen, dass ihre Stimme zählt, auch wenn Obama vor vier Jahren große Hoffnungen weckte und im Nachhinein manche Wähler enttäuscht hat.

Denn die Republikaner geben sich nicht damit zufrieden, die Bilanz des amtierenden Präsidenten schlechtzureden und darauf zu hoffen, dass ein Teil der demokratischen Wähler demotiviert sind, sie versuchen aktiv, potenzielle Wähler vom Urnengang abzuhalten.

Wahlbetrug als Vorwand

In zahlreichen Staaten haben republikanische Gouverneure und Politiker sich dafür eingesetzt, „Voter ID“-Gesetze einzuführen. Die offizielle Argumentation besagt natürlich, dass es sich dabei um einen Versuch handelt, gegen Wahlbetrug zu kämpfen. Die Wähler brauchen jetzt also einen Ausweis mit Foto, der von einer offiziellen Behörde ausgestellt wurde. Was in Europa ganz banal klingt, ist in den USA jedoch äußerst kompliziert.

In Amerika gibt es nämlich keine „carte d’identité“, wie wir sie kennen, zahlreiche US-Bürger beantragen niemals einen Reisepass und auch nicht alle Amerikaner besitzen einen Führerschein. Menschen, die sich in diesem Fall befinden, dürfen in mehreren US-Staaten künftig nicht mehr an einer Wahl teilnehmen. In Pennsylvania haben beispielsweise 10 Prozent der Wähler keinen offiziellen Fotoausweis, in Philadelphia – einer Obama-Hochburg – sind es beinahe 20 Prozent. Es wird geschätzt, dass dieses Jahr 5 Millionen US-Bürger durch diese neuen Verpflichtungen von der Wahl ausgeschlossen werden.

Doch genau diese 5 Millionen könnten den Unterschied machen. Die meisten von ihnen sind nämlich junge Leute oder Angehörige von Minderheiten, vor allem Afro-Amerikaner und Hispanics, also eine Wählerschaft, die konsequent für Barack Obama stimmt.

Auch ist das Argument des Risikos des Wahlbetrugs nichts weiter als ein fadenscheiniger Vorwand. In den vergangenen zwölf Jahren gab es nur zehn Fälle von Identitätsdiebstahl bei einer Wahl. Es handelt sich demnach um ein fiktives Problem. Die neuen Ausweisgesetze, die in den letzten Jahren in etlichen republikanischen US-Staaten verabschiedet wurden, könnten allerdings sehr reale Konsequenzen haben. Sie könnten Obama erheblich schwächen, denn immerhin hat die Vergangenheit gezeigt, dass in einem Bundesstaat wie Florida eine relativ geringe Anzahl von Stimmen über den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl entscheiden kann.