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Mandelas Erbe

Mandelas Erbe
(AP)

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Die Welt hat auf beeindruckende Weise Abschied von Nelson Mandela genommen, jenem Menschen, der durch seine Großmut und Weisheit seinem Heimatland Südafrika einen furchtbaren Bürgerkrieg erspart hat.

Südafrikas Schwarze, „Coloureds“ und Inder haben unter der Apartheid furchtbares Unrecht erlitten, ihr Leben als Menschen zweiter Klasse war von den weißen Herrenmenschen als eine einzige Demütigung inszeniert worden.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Mandela hat es fertiggebracht, dass sich die Geknechteten nach dem Sturz des Rassistenregimes nicht einer furchtbaren Racheorgie hingaben, sondern einen Neubeginn für alle Menschen Südafrikas anstrebten. Doch mit der Apartheid verschwanden nicht alle Probleme wie von Zauberhand. Alle Südafrikaner sind heute frei und gleichberechtigt, doch für die unzähligen Armen (übrigens auch die armen Weißen) bleibt die Erfüllung der wichtigsten Grundbedürfnisse und mithin ein Leben in Würde nach wie vor ein Wunschtraum.

Frieden der „Regenbogennation“

Südafrika ist keine rassistische Gesellschaft mehr, aber dafür ist es noch längst keine gerechte Gesellschaft. Gerade im Umfeld des ANC haben es einige Schlaue und Korrupte zu fabelhaftem Reichtum gebracht, doch eine Geburt in den Townships bedeutet auch heute noch für die meisten ihrer Bewohner eine Garantie für ein Leben ohne Perspektiven.

Ausgesprochen rührend waren in unseren Breiten in den vergangenen Tagen übrigens die tränenblinden Nachrufe jener Leute, die Mandela und den ANC vor 25 Jahren noch als kommunistische Terroristen brandmarkten und damals die unmöglichsten Verrenkungen vollbrachten, um ihrem konservativen Publikum weiszumachen, dass Apartheid im Kern doch eigentlich gar kein Rassismus sei, sondern viel eher ein typisch südafrikanisches System, um Recht und Ordnung zum Wohle aller – und zwar zuvörderst der Schwarzen selbst – aufrechtzuerhalten.

Doch die meisten Apartheid-Verteidiger hierzulande haben über ihr damaliges Eintreten für dieses zutiefst menschenverachtende System mittlerweile den gnädigen Mantel der Amnesie gebreitet und einander im selben Aufwasch die Absolution für ihre nicht nur abscheulichen, sondern auch noch ausgesprochen unchristlichen Umtriebe erteilt.

Auch der Schwarze darf also heute Gottes (der übrigens fast immer als Lilienweißer dargestellt wird) Ebenbild sein. Hallelujah!

Die Gefahr, dass in Südafrika mit der Zeit Demagogen wie der simbabwische Potentat Mugabe Oberwasser bekommen, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Mugabe hat sein Land ökonomisch an die Wand gefahren und danach versucht, der weißen Minderheit die Schuld an allen Übeln dieser Welt in die Schuhe zu schieben.

Man kann nur hoffen, dass in Südafrika die Erinnerung an Mandelas menschliche Größe dazu beiträgt, dass die „Regenbogennation“ auch in Zukunft ihre gewaltigen gesellschaftlichen Probleme auf friedlichem und demokratischem Weg zu lösen versucht.