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Hier Spektakel, da Realität

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(AFP)

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Es ist gewiss eine wichtige Frage, wie der gestern Abend gewählte Papst, ein Jesuit (wie der Luxemburger Erzbischof), das römisch-katholische Geschäftsmodell erneuert, um den Herausforderungen der Märkte zu begegnen.

Summa summarum muss er es schaffen, so viel Menschen wie möglich davon zu überzeugen, dass es sich wegen der himmlischen Freuden lohnt, der Kirche zu vertrauen und auf Erden zu ertragen, was einem beschieden ist.

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Die Tatsache, dass das vatikanische Spektakel für eine kurze Zeit den üblichen TV-Rennern (Sport, Pop, Oscars, Krieg, Elend und Not, Katastrophen, Milliardäre, Spitzenpolitiker) die Show stiehlt, offenbart, wie schnell das Rad sich heutzutage drehen muss. Morgen ist ein anderer Tag, da muss anderes her. Übermorgen reden wir vielleicht über Wichtigeres. Aber erst übermorgen, immer nur übermorgen!

Irgendwie sind die Medien, deren hehre Aufgabe in der Demokratie diejenige des hellhörigen Wachhundes sein sollte, in eine andere Rolle gedrängt worden, in die Rolle des Spiegels, der zeigt, was er erfasst, was er erfassen kann, und sonst nichts. Die Presse (darunter versteht man ja heute nicht allein die gedruckte Zeitung, sondern auch Radio, TV und Websites) wird beliefert. Alle stellen ihr alles zu, damit sie ja nicht nachforsche, einfordere, aufdecke.

Wie clever ist doch das Medienmarketing in Sachen Papstwahl! Alles dürfen die Tausenden Reporter erfahren, beschreiben, filmen, im Originalton aufnehmen, alles, den ganzen Zauber, bis hin zur Schattierung des Purpurs, nur nicht das Wichtige, das Hintergründige, das eine aufgeklärte, nach demokratischen Grundsätzen funktionierende Gesellschaft wissen müsste.

Dass die Catholica sich der modernen Möglichkeiten zur Täuschung und Manipulation geschickt zu bedienen versteht, zeigt auf, dass sie von der Business-Politik, welche heute im Westen grassiert, nichts zu lernen braucht. Warum auch, sind die Querverbindungen doch ebenso evident wie zahlreich!

Man schaue sich an, wer die Krise der Eurozone nicht meisterte, entweder weil der Wille oder das Können oder beides fehlte: Sind sie nicht allesamt, oder fast allesamt, Christdemokraten, die sich gegenseitig pausenlos Orden überreichen? Warum zieht „unser“ Juncker in den Wahlkampf der frommen Frau Merkel, nachdem er schon Kohl bediente, nachdem es Santer tat? Wie kam der Messgänger Monti zu seinem Auftrag in Italien? Wer war Sarkozy, so gesehen? Wer sind Leute wie Barroso, Van Rompuy und die Granden in Spanien, Portugal, Griechenland, Polen, Ungarn, um nur die zu nennen?

Europa, das war das Lebensziel des Karol Wojtyla, solle verfassungsmäßig ein christliches sein. Daran wird immer noch gearbeitet in den hohen politischen Sphären, zu denen Juncker und ein paar andere Luxemburger Zugang haben.

En attendant wird das Alltagsleben nicht einfacher.

Der Premier deklariert vor seiner Partei die De-facto-Abschaffung des Indexsystems (das nur ein System ist, wenn es einer arithmetischen Logik folgt); er wird eine Partei finden, die es mitmacht, um dabei zu sein. Warum will er nicht einmal die Diskussion über eine Steuerreform, die (vermeintliche) Indexvorteile der mittleren und höheren Einkommen einbinden würde? – Du Populist!

So ist es doch: Die da oben – wir benutzten ganz bewusst diese fürchterliche Ausdrucksweise – haben sich auf der EU-Ebene abgesprochen.
Im privaten Geschäft würden sie damit gegen das Kartellrecht verstoßen.

CSV hin, CSV her!

Aber in Brüssel geht das: Schafft Indexe und anderes ab; Kompetitivität ist das Leitmotiv, hämmern die Experten den Politikern ein, und die glauben es, weil Experten ja nie Falsches sagen.

Kompetitivität, Wettbewerbsfähigkeit: Wollten wir EU-Bürger je ein Europa, das mit Niedriglöhnen billiger produzieren könnte als die USA, Asien oder Lateinamerika?

Lob den Luxemburger Ministern Schmit und Di Bartolomeo, die sich in EU-sozialdemokratischen Kreisen zum Grundgedanken einer neuen europäischen Sozialpolitik bekennen! Wir wünschten, sie handelten konsequent in Luxemburg, sofort, CSV hin, CSV her!
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Apropos: Eine Luxemburger Staatsanleihe über 750 Millionen wurde gestern innerhalb weniger Stunden auf dem Geldmarkt platziert, zu 2,25% Zins. Die Inflation ist höher. Ein Geschäft also. Aber es wird dem Volk dargestellt als „Verschuldung“!