Headlines

D(raghi)-Day

D(raghi)-Day
(dpa-Archiv)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Es ist „Draghi-Tag“ und die Finanzmärkte, die Medien und die Politik schauen gebannt auf die heutige Sitzung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt.

Im frühen Sommer hatte der Notenbank-Chef – als wieder mal Panik auf den Märkten ausgebrochen war und sich Europas Krisenländer Spanien und Italien nur noch schwer nachhaltig finanzieren konnten – versprochen, er, oder die EZB (aber so genau weiß man das nicht), würde „alles Erforderliche tun, um den Euro zu erhalten“ und damit natürlich die Eurozone vor dem Untergang zu bewahren. Die Aussage beruhigte damals zwar nicht sofort, aber nach einigen Tagen die Finanzmärkte. Andere meinten natürlich, dass es sich hier um einen Bluff handeln könnte und Mario Draghi gar nicht die Befugnis oder die Erlaubnis aus Deutschland habe, „alles“ zu tun.

Sascha Bremer sbremer@tageblatt.lu

Zumindest ist es dieser Ankündigung zu verdanken, dass die Politiker und die Investoren einen im Vergleich zum Vorjahr relativ ruhigen August genießen konnten. Doch nun möchten die Geldgeber eben etwas mehr Einblick in das Blatt der EZB erhalten. Welche Karten hält die EZB und welche darf und will sie spielen? Wird sie wirklich unbegrenzt Staatsanleihen der Krisenländer aufkaufen und unter welchen Bedingungen?

Seit Montag sickern erste vermeintliche Details durch über das, was die EZB vorhat.

Die Nachrichtenagentur Bloomberg meint zu wissen, dass die Notenbank unbegrenzte Käufe von Staatsanleihen durchführen könnte. Zumindest kurzfristig soll also die Gelddruckmaschine angeworfen werden, damit der Druck, der auf Spanien und Italien lastet, gedämpft werden kann.

Man wird natürlich einerseits abwarten müssen, was und wie viel Draghi heute tatsächlich bekannt geben wird, und andererseits in naher Zukunft schauen, was tatsächlich passieren wird.

Eines ist allerdings klar: Europas Spitzenpolitiker und die EZB werden die bisherige Schwäche im Krisenmanagement – nämlich den Wirrwarr an Entscheidungen und das Durcheinander an Stimmen – auch diesmal kaum beheben.

Die EZB wird sich weiterhin nicht vollständig in die Karten schauen lassen, ihre Aktionen also nicht öffentlich einsehbar machen. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Dies könnte mögliche Spekulationen unterbinden. Gut möglich aber auch, dass dadurch weniger Anleihen aufgekauft werden müssen. Aber wer vertraut denn eigentlich noch auf rationales Verhalten an den Märkten?

Merkels Spagat

Äußerst gegensätzlich und der Ambivalenz der EZB nicht unähnlich ist die Haltung der Politik in den letzten Tagen, allen voran die von Angela Merkel. Während sie Draghis Gegenspieler in Sachen Anleihenkäufe, dem Bundesbankchef Jens Weidmann, den Rücken stärkt, hat sie bereits seit einiger Zeit verlauten lassen, dass die EZB und die Politik den Schulterschluss nicht nur gesucht, sondern auch gefunden haben.

Die deutsche Bundeskanzlerin vollführt demnach einen Spagat, der in dieser Form nur verbal auszuhalten ist. Ihre Absicht ist politischer Natur. Sie kann ihren Wählern gegenüber noch immer nicht zugeben, dass die Schulden Europas auf irgendeine Art und Weise vergemeinschaftet werden müssen. Oder wie Jean-Claude Juncker dies einst ausdrückte: „Wir wissen alle, was zu tun ist, aber wir wissen nicht, wie wir danach wiedergewählt werden.“