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Der Unterschied

Der Unterschied
(Tageblatt/Alain Rischard)

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Nach den Attentaten in Paris und den jüngsten Ereignissen in Belgien ist in der Europäischen Union die Debatte um die Sicherheit wieder voll entbrannt.

Dabei treten die gleichen Reflexe zutage, wie wir sie bereits aus der Vergangenheit kennen. Nur am Rande werden dabei die soziokulturellen und sozioökonomischen Aspekte und Fragen angesprochen, die sich aus dem Phänomen der aus europäischen Ländern stammenden Dschihadisten und Terroristen ergeben. Konzentriert wird sich vielmehr darauf, die physische Kontrolle über die potenziellen und tatsächlichen islamistischen Kämpfer zu erhalten, die mitten in unseren Gesellschaften leben. Wobei sich voll und ganz am Beispiel des großen Verbündeten orientiert wird. Ohne allerdings zu bedenken, dass die EU, was die polizeiliche und justizielle und damit die sicherheitspolitische Zusammenarbeit anbelangt, noch immer ein aus 28 Teilen bestehender Flickenteppich ist. Und dass ein beträchtlicher Teil der Europäer aufgrund ihrer Geschichte einen empfindlicheren Blick auf alles haben, was mit persönlichen Daten im Zusammenhang steht.

Datenschutz klären

Deshalb tun sich die Politiker in der EU derzeit so schwer damit, eine einheitliche Linie unter anderem in Sachen Sammlung von Daten über Flugpassagiere (die sogenannten PNR-Daten) sowie bezüglich Vorratsdatenspeicherung zu finden, bei der zwar nicht die Inhalte, aber ansonsten alle technischen Daten von Telefon- und Internetverbindungen gesammelt werden. Der Europäische Gerichtshof hat Letzteres quasi verboten mit der Begründung, dass weder der Datenschutz über die gesammelten Informationen garantiert noch die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme gegeben seien. Womit die obersten europäischen Richter das bestätigen, worüber sich viele seit dem ersten PNR-Abkommen zwischen der EU und den USA ärgern: dass nämlich beim massenhaften Datensammeln alle unterschiedslos zu Verdächtigen gemacht und Eingriffe in die Privatsphäre ermöglicht werden, dergestalt wir sie an sich in unseren freiheitlich-demokratischen Gesellschaften verhindern wollen. Solche Kontrollinstrumente zu akzeptieren, macht es ohnehin nicht leichter, wenn man weiß, dass die Attentäter für die französischen Sicherheitsbehörden keine Unbekannten waren. Was bedeutet, dass es den Diensten nicht unbedingt an Informationen mangelt, sondern an ihrer effizienten Nutzung und Analyse.

Die Frage der Einführung eines europäischen PNR-Systems könnte vermutlich entkrampfter angegangen werden, wenn die vorliegende Reform der Datenschutzrichtlinie abgeschlossen wäre. Damit die Bürger in der EU zumindest eine Garantie über den ordnungsgemäßen Umgang mit ihren persönlichen Daten erhielten. Die Herausforderung muss es sein, einen effizienten Kampf gegen die Terroristen zu führen, ohne jedoch die Grundrechte dabei aufs Spiel zu setzen. In diesem Punkt wollen sich die Europäer, auch von den Vereinigten Staaten, unterscheiden. Die EU-Politiker sollten diesem Anspruch auch in der Praxis nachkommen.