Den Rücktritt der Regierung wollte sie weder am Referendumsabend noch am Montag nach der Sitzung ihres Nationalrats oder gestern im Parlament direkt und unmissverständlich fordern. Die Koalitionsparteien müssten die Schlussfolgerungen ziehen, so Parteichef Marc Spautz. Fraktionschef Claude Wiseler übte sich seinerseits in Rollenspielen, um dem Premier zu erklären, was er denn täte, wenn er an dessen Stelle wäre.
" class="infobox_img" />Lucien Montebrusco lmontebrusco@tageblatt.lu
Ein bisschen zu viel Konjunktiv, aber derlei Verhalten passt wohl zur CSV. Fordern, aber nicht allzu deutlich, damit man später nicht für etwaige Schäden haftbar gemacht werden kann. Bloß nicht anecken, mögliche Wähler vergraulen, die vielleicht keinen Bock auf einen neuen, langweiligen Wahlkampf mit anschließendem Urnengang haben, bloß weil sie, aus welchen Gründen auch immer, am Sonntag die drei Vorschläge abgelehnt hatten.
Die CSV will nicht für eine Regierungskrise stehen mit allen daraus erwachsenden Folgen. Denn ein Rücktritt der aktuellen Regierung würde alle bisher begonnenen Baustellen, zu denen nicht zuletzt die große Steuerreform und die Reform der Sekundarschule gehören, lahmlegen. Und das auf Monate hinaus.
Bis zu Neuwahlen mit anschließenden Koalitionsgesprächen und Regierungsbildung sowie Einarbeitung der neuen Mannschaft in die Dossiers würden Monate vergehen. Zwischendurch würden die aktuellen Minister während des anstehenden EU-Ratsvorsitzes ab Juli lediglich als Sesselwärmer dienen. Ernst nehmen würde sie aus den anderen EU-Hauptstädten niemand mehr. Und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo das Land und insbesondere sein Finanzplatz, Milchkuh der öffentlichen Finanzen, unter verschärfter Aufsicht aus dem Ausland stehen.
Nein, für derlei Szenario will die CSV nicht verantwortlich zeichnen. Andererseits drohte Parteichef Spautz am Montag offen mit einer Blockade-Politik. Keine Reform würde die Regierung in Zukunft mehr realisieren können angesichts des massiven Neins am Sonntag, meinte er siegessicher. Als ob die Bürger hierzu befragt worden seien, sie mit ihrem Triple No die aktuelle Mehrheit gekippt hätten, sie beim Referendum nicht zu drei konkreten Themen um Rat gebeten worden seien. Spautzens Drohung deutet darauf hin, dass die CSV lieber den Stillstand im Lande in Kauf nimmt als eine angestrebte Modernisierung.
Die CSV bevorzugt den Gang auf Samtpfötchen, – bloß niemanden erschrecken –, um dann später das zu fordern, was sie in der Vergangenheit abgelehnt hat, weil vielleicht andere, weitsichtigere Politiker dies vorgeschlagen haben oder weil es vorerst nicht opportun ist. So lehnte sie den Vorschlag der Regierung zum Ausländerwahlrecht ab, zauberte jedoch eigene Überlegungen zum Erlangen der Luxemburger Staatsbürgerschaft aus dem Hut, die jedoch erstaunlicherweise in vielem dem gleichen, was unter der vorigen CSV-LSAP-Koalition bereits vereinbart worden war. So sehen die neu-alten CSV-Ideen weit weniger restriktive Zugangskriterien zur Nationalität vor, als es der am Sonntag abgelehnte Vorschlag der Koalition tat.
Ob die Nein-Wähler sich dessen am Sonntag in der Wahlkabine bewusst waren?
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