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Altes Denken ist Gift

Altes Denken ist Gift
(Tageblatt)

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Ein erstes Ziel der Volksbefragung ist schon erreicht. Es wird seit Wochen eifrig über Politik diskutiert, geschrieben und gepostet.

Womit der Beweis erbracht ist, dass die Lust am Argumentieren und Streiten, von welcher die Demokratie in einer freien, pluralistischen Gesellschaft schließlich lebt, nur geweckt zu werden braucht. Wie eben jetzt von einer ziemlich risikofreudigen parlamentarischen Mehrheit.

Logo" class="infobox_img" />Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Blau-Rot-Grün kann in der Tat nicht davon ausgehen, dass auch nur eine der drei gestellten Fragen über 50% Zustimmung erhält.

„Les Luxembourgeois sont épris de sécurité“, wusste schon Abbé Heiderscheid, der erkannt hatte, dass man die Macht (in seinem Fall die der Kirche) auf das im Kleinstaat tief verwurzelte Bedürfnis nach Sicherheit aufbaut. Wie das Erzbistum und die CSV es erfolgreich betrieben – bis zur ersten „Panne“ von 1974, auf die erst 2013 die zweite folgte, diesmal wegen Juncker, der die personifizierte Überheblichkeit war. Wer Ausländern und jugendlichen Luxemburgern bedingt das Stimmrecht gibt, und periodisch neue Minister will, verunsichert. Da sagt man lieber Nee; morgen oder übermorgen, wenn andere so was vorgemacht haben, kann man immer nachziehen, nicht wahr.

Nun, gerade dieses konservative, alte Denken ist heute Gift für Luxemburg.

Unter dem Druck der EU-Verträge und in der Folge seiner eigenen Finanz- und Wirtschaftspolitik ist Luxemburg binnen 30 Jahren zu einem ganz anderen Land geworden, einem Land, das mit keinem vergleichbar ist.

1981, mitten in der Stahlkrise, das war gestern, hatte Luxemburg 365.000 Einwohner, davon 96.000 Ausländer, 26,3%.
2015, mitten in der EU-Krise, hat es 563.000 Einwohner, davon 259.000 Ausländer, das sind 46%.

Solche Verschiebungen des Kräfte- und Abhängigkeitsverhältnisses fordern freiwillige, klug vorausschauende Anpassungen des politischen Systems, oder sie erzwingen solche unter vielleicht dramatischen Bedingungen.

Die Vorbereitung der für 2016 in Aussicht gestellten Verfassungsreform zielt in die richtige Richtung, die drei Referendum-Fragen, würden sie bejaht, ebenfalls.

Wie kleinlich ist doch, wer ein paar hundert an Politik interessierten Jugendlichen auf deren Bitte das aktive Wahlrecht ab dem 16. Lebensjahr verwehrt. Mit u.a. dem Argument, die „Erwachsenen“ hätten ja Wahlpflicht: Letztere gibt es nicht für die rund 30.000 Luxemburger, die über 75 sind …

Wie pessimistisch ist doch, wer den Parteien die Fähigkeit aberkennt, ihre Minister nach einer kontinuierlichen Amtszeit von 10 Jahren abzulösen, wobei ein späteres Comeback möglich bliebe …

Wie unnötig streng ist doch, wer solchen Ausländern, die nach 10 Jahren Wohnen bei uns, mit uns, unter uns, das aktive Stimmrecht auf Anfrage auch dann verwehren, wenn die Betreffenden bereits bei einer Europa- und/oder einer Gemeindewahl mitgemacht haben …

Ist es nicht im ureigenen Interesse der Luxemburger, dass sie, über die eingebürgerten Neu-Luxemburger hinaus, auch viele, möglichst viele Ausländer an der gestaltenden Politik beteiligen? Wie gerade vorgeschlagen?

Mit einem beherzten Jo nehmen wir den heranwachsenden Generationen viel Last von den Schultern.

Sie sollen doch teilhaben am Erfolg, den onst léift klengt Lëtzebuerg haben kann, wenn es sich geeint der Zukunft stellt, mit dem geballten Wissen und Können seiner Einwohnerschaft!