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Tote in HanauRechter Terror in Deutschland: Ein Bekennerschreiben voller Hass auf Fremde und Frauen

Tote in Hanau / Rechter Terror in Deutschland: Ein Bekennerschreiben voller Hass auf Fremde und Frauen
Frei von Schreibfehlern, dafür voll mit Rassismus: Der mutmaßliche Täter von Hanau hat ein Bekennerschreiben hinterlassen Foto: AFP/Thomas Lohnes

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Hass auf Fremde, Hass auf Frauen, verloren in Verschwörungstheorien. Der Mann, der mutmaßlich hinter der Terrortat mit elf Toten am Mittwochabend in Hanau steht und sich später wohl selber tötete, hat ein Bekennerschreiben und ein Video hinterlassen.  

Im hessischen Hanau, keine 300 Kilometer von Luxemburg entfernt, hat es bei einer Gewalttat elf Tote gegeben. Bei Angriffen auf zwei Shisha-Bars wurden nach Polizeiangaben am Mittwochabend neun Menschen erschossen. Später sei der mutmaßliche Täter tot in seiner Wohnung in Hanau aufgefunden worden. Auch eine zweite Leiche wurde dort entdeckt. Wegen Hinweisen auf einen rechtsextremen Hintergrund übernahm der Generalbundesanwalt die Ermittlungen.

Der deutsche Politikwissenschaftler Peter R. Neumann, der sich am Londoner „International Centre for the Study of Radicalisation“ schwerpunktmäßig mit Terrorismus und Radikalisierung beschäftigt und dem das Bekennerschreiben des mutmaßlichen Täters vorliegt, beschreibt diesen Mann als rassistisch, frauenfeindlich und als Anhänger von Verschwörungstheorien. Wie Neumann auf Twitter schreibt, ist das 24-seitige Schreiben in einwandfreiem Deutsch verfasst, frei von Schreib- oder Grammatikfehlern.

Ganze Länder vernichten

Es lasse sich auch herauslesen, dass der Mann studiert habe und um die 50 Jahre alt sein müsste. Sein Hass auf Ausländer und auf nicht Weiße gehe ebenso deutlich aus dem Text hervor wie sein Frauenhass. Der Mann rufe zur Zerstörung einiger, mehrheitlich islamischer Länder im Mittleren Osten, Nordafrika und Zentralasien auf und rechtfertige solche Aktionen damit, dass die Wissenschaft behaupte, einige Rassen seien anderen überlegen. Offenbar zählt sich der Mann auch zur sogenannten Incel-Szene.

Demnach sage er, nie eine Beziehung mit einer Frau geführt zu haben, die vergangenen 18 Jahre aus eigener Entscheidung heraus. Incel ist eine aus den USA stammende und im Internet geborene Bewegung von überwiegend weißen, heterosexuellen Männern, die nach Eigenaussage unfreiwillig keinen Geschlechtsverkehr haben und aus dem Grund Frauen hassen. Der Begriff “Incel” ist eine Wortschöpfung aus den beiden englischen Wörtern “involuntary” (unfreiwillig), und “celibacy” (,Zölibat). Incels denken, ein Recht auf Sex zu haben und heißen Gewalt gegen Frauen und sexuell aktive Männer gut.

Der mutmaßliche Täter aus Hanau behauptet in seinem Schreiben ferner, sein ganzes Leben lang von einem Geheimdienst überwacht worden zu sein und dass Persönlichkeiten wie Jürgen Klopp, Trainer des Fußballvereins Liverpool, oder US-Präsident Donald Trump seine Ideen klauen würden. Vor dem Gewaltverbrechen hat der Mann eine umfangreiche Sammlung von Erklärungen und Weltanschauungs-Theorien im Internet verbreitet. In einem knapp einstündigen Video behauptet er unter anderem, Deutschland werde von einem Geheimdienst mit weitreichenden Fähigkeiten gesteuert. Zudem äußert er sich auch hier negativ über Migranten aus arabischen Ländern und der Türkei, die klassischen Medien und verliert sich in Verschwörungstheorien. 

Rechter Terror in Deutschland

Wie die Nachrichtenagentur DPA berichtete, war der mutmaßliche Täter von Hanau zuvor nicht im Visier der Ermittler. Der Mann sei weder als fremdenfeindlich bekannt gewesen noch polizeilich in Erscheinung getreten, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) am Donnerstag im Wiesbadener Landtag.

Am vergangenen Wochenende sind nach der Zerschlagung einer mutmaßlichen rechten Terrorzelle in Deutschland zwölf Tatverdächtige in Untersuchungshaft genommen worden. Die Gruppe habe die Absicht gehabt, durch Anschläge auf Politiker, Asylsuchende und Muslime „bürgerkriegsähnliche Zustände“ herbeizuführen, erklärte die Bundesanwaltschaft. Der Anführer der Gruppe wird Berichten zufolge von den Behörden als „Gefährder“ eingestuft, die Gruppe weist demnach Bezüge zu den international agierenden „Soldiers of Odin“ auf.

In Deutschland sind derzeit rund 50 Rechtsextremisten bekannt, denen die Sicherheitsbehörden schwere Straftaten zutrauen. Ende 2016 waren es noch 22. Diese Zahl der so genannten Gefährder nannte am vergangenen Montag ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. Etwa 660 weitere Gefährder würden dem radikalislamischen Spektrum zugerechnet; die Zahl der als Gefährder eingestuften Linksextremisten liege bei «weniger als zehn». „Gefährder“ sind Menschen, denen die Sicherheitsbehörden schwere Straftaten bis hin zu einem Terroranschlag zutrauen. (Mit Material von AFP und Reuters)