Das ganze Land kennt es mittlerweile: das Foto, das die Fotografin Jingna Zhang für „Harper’s Bazaar Vietnam“ geschossen hat und von dem sich der Luxemburger Jeff Dieschburg „inspirieren“ ließ. Der Fall hat hohe Wellen geschlagen. Die Jury der Kunstbiennale, bei der Dieschburg einen Preis gewonnen hat, wird einen unabhängigen Experten zurate ziehen, der entscheiden soll, ob es sich um ein Plagiat handelt oder nicht.
Doch jenseits des Plagiatsvorwurfs spielen hier noch weitere Aspekte eine Rolle, die vor allem Menschen asiatischer Abstammung sauer aufstoßen. Dieschburgs Haltung gegenüber der Erschafferin des Originals, aber auch gegenüber seinem Motiv ist höchst problematisch. „Ech hun net d Madame aus Japan (oder wou och ëmmer) représentéiert mee eng allegorie, eng allegorie vun der europäischer femme fatale“, lautete seine Antwort, als er bereits vor Monaten auf die Ähnlichkeit zwischen seinem und Zhangs Werk aufmerksam gemacht hatte. Wie es aussieht, hat er sich jedoch kaum die Mühe gemacht, um über seine „Inspiration“ zu recherchieren, denn Park Jihye, das Model auf dem Originalfoto, ist Koreanerin. Der Kommentar „aus Japan (oder wou och ëmmer)“ lässt außerdem darauf schließen, dass Dieschburg den gesamten asiatischen Kontinent als monolithischen Block sieht.
Als Jingna Zhang ihn persönlich auf die Ähnlichkeit zwischen den beiden Werken aufmerksam macht, lenkt er ein: „Da Turandot eine asiatische Prinzessin ist, musste ich mich mit asiatischen Zügen vertraut machen.“ Das klingt so, als hätte er rasch „asian woman“ gegoogelt und irgendein x-beliebiges Bild als Vorlage genutzt. Er vergisst dabei auch, dass Asien ein multiethnischer Kontinent ist und „asiatische Züge“ sich nicht nur auf Menschen aus dem südost- und ostasiatischen Raum beziehen.
Auffallend ist auch der Ton, den der Luxemburger in seiner Antwort anschlägt. Jingna Zhang ist eine 34-jährige Fotografin mit jahrzehntelanger Erfahrung. Das scheint Dieschburg jedoch recht egal zu sein, da er ausholt und ihr zu erklären versucht, wie das Urheberrecht funktioniert, obwohl sie sich selber lange mit dem Thema beschäftigt hat. Nein, der weiße Mann gibt nicht nach und holt sich sogar einen Anwalt!
Sollte Jeff Dieschburg deswegen mit Schlägen oder gar Mord gedroht werden, wie es jüngst in den sozialen Medien geschehen ist? Nein. Morddrohungen sind unter keinen Umständen vertretbar. Es ist nicht die Aufgabe des wütenden Tastenkrieger-Mobs, Gerechtigkeit walten zu lassen. Aber der Künstler sollte seine Herangehensweise hinterfragen und seine Wörter sorgsamer auswählen.
Wenn man dann noch bedenkt, dass Zhangs Foto ursprünglich von einem westlichen Medium abgelehnt wurde, da es „zu viele orientalische Elemente enthielt“ und Dieschburgs „Version“ letztendlich prämiert wird, hinterlässt dies einen bitteren Nachgeschmack. Es zeigt, wie viel Platz nicht-weiße Frauen bei vielen Kunstveranstaltungen in unseren Breitengraden haben: nämlich herzlich wenig.
* Caucasity, auch Caucacity geschrieben, setzt sich aus den englischen Wörtern „Caucasian“ und „audacity“ zusammen und wird benutzt, um dreistes Verhalten von weißen Personen zu kritisieren.
Bei aller Gläichberechtegungs- an Antirassismusbestriewen musse mer oppassen dass d'Woo net abemol an déi aner Richtung kippt. Diskriminéirung bleift Diskriminéirung, och wann se géint e "wäisse Mann" geriicht ass.
Dësen Artikel kraazt ganz kloer un de Grenzen vum gudde Geschmack.
Waat huet daat do elo matt engem "weissen Mann" ze dinn?