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„Netter junger Mann“: Der mutmaßliche Mafioso Rumbo führte in Differdingen die „Brasserie du Stade“

„Netter junger Mann“: Der mutmaßliche Mafioso Rumbo führte in Differdingen die „Brasserie du Stade“

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Es ist eine Kneipe wie jede andere im Differdinger Stadtteil „Fousbann“, wäre da nicht der Verdacht, dass einer der Inhaber Mitglied der kalabrischen Mafia ist. Letzten Freitag jedenfalls wurde S.R. auf offener Straße in Zolver festgenommen. Nun läuft gegen den Mann, der mit einem internationalen Haftbefehl gesucht wurde, das Auslieferungsverfahren nach Italien. In seiner Heimat wird er wohl vor Gericht gestellt werden.

Zolver am Freitag, dem 9. August. Ein paar Stunden, bevor ein Tornado den Südwesten unseres Landes heimsucht und für Schäden in Millionenhöhe sorgt, kommt es auch knüppeldick für einen 30-jährigen Italiener, der seit einigen Monaten hierzulande wohnt. S.R. ist gerade mit seinem Wagen in Zolver unterwegs. Vielleicht will er zur „Brasserie du Stade“, die er mit Geschäftspartnern seit April dieses Jahres im Differdinger Stadtteil „Fousbann“, im Schatten der Kirche, führt.

Die „Brasserie du Stade“, die S.R. seit April dieses Jahres mit Geschäftspartnern im Schatten der Kirche  im „Fousbann“ führt
(Foto: Editpress/Laurent Graaff)

Es ist kurz vor 12 Uhr, als Beamte der Spezialeinheit der «Police grand-ducale» das Gefährt, in dem sich auch die Freundin des Italieners befindet, auf der Hauptstraße ausbremsen und das „ranghohe Mafia-Mitglied“, wie das Luxemburger Wort meldete, dingfest machen. Eine Festnahme auf offener Straße. Man kann davon ausgehen, dass die Luxemburger Behörden den Mann seit geraumer Zeit im Visier hatten und dann diese spektakuläre Verhaftung minutiös geplant und in Zusammenarbeit mit der italienischen Anti-Mafia-Behörde durchgeführt haben.

Internationale Verhaftungswelle

Wie das Luxemburger Wort weiterschreibt, nennt die kalabrische Justiz den Namen des mutmaßlichen Mafia-Mitglieds im Zusammenhang mit 27 anderen Verhaftungen, die in den vergangenen Tagen weltweit durchgeführt wurden. Ihnen wird vorgeworfen, Teil der Führungsriege der „kanadischen ‹Ndrangheta Connection“ zu sein. Die 28 Männer stehen im Verdacht, im kanadischen Toronto in Kokainhandel, Geldwäsche und illegale Sportwetten verwickelt zu sein. Zudem werden laut Luxemburger Wort die „Unternehmungen in Kanada ausschließlich aus dem italienischen Siderno gesteuert“. Mit rund 20.000 Einwohnern hat die Kleinstadt im unteren Zipfel von Italien etwas weniger Einwohner als die „Cité du Fer“. Sie gilt nicht umsonst als Hochburg der ‹Ndrangheta und des Commisso-Clans.

Die ‹Ndrangheta gehört zu den weltweit mächtigsten Mafia-Organisationen und ist seit langen Jahren auch über die Grenzen Italiens hinaus aktiv. Der internationale Drogenhandel ist fest in der Hand der ‹Ndrangheta, die ihr Geld u.a. mit Waffenhandel, Geldwäsche und durch Korruption verdient. Internationale Fachleute gehen davon aus, dass die ‹Ndrangheta pro Jahr einen Umsatz von bis zu 100 Milliarden Euro macht und über etwa 6.000 Mitglieder aufgeteilt in 160 sogenannten Clans verfügt. Es scheint demnach so zu sein, dass S.R., der der Luxemburger Justiz am Freitag in die Fänge gegangen ist, alles andere als ein Heiliger ist.

Teil der Führungsriege der Mafia?

Zurück nach Luxemburg. Zurück nach Differdingen. In der „Brasserie du Stade“, die auch noch den Namen „Diff K’Fé“ trägt, gab man sich dem Tageblatt gegenüber ziemlich redselig. Guiseppe Commisso ist von der Unschuld von S.R. überzeugt und spricht von einem Irrtum. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Santo ein Krimineller ist. Er hat hier jeden Tag 12 Stunden oder mehr gearbeitet und war sich für nichts zu schade.“ Nun fehlt Santo, der bereits am Freitagnachmittag einem Ermittlungsrichter vorgeführt wurde und seitdem in Schrassig in Untersuchungshaft sitzt, an allen Ecken und Enden.

Einer der Gäste, der häufig in der „Brasserie du Stade“, in der auch zahlreiche Differdinger Lokalpolitiker zu verkehren pflegen, ein und aus geht, beschreibt S.R. als „netten jungen Mann, der immer freundlich und zuvorkommend war“. S.R. habe bis zur Übernahme des Café-Restaurants, so der Stammkunde weiter, als Pizzaiolo in einem anderen italienischen Restaurant gearbeitet.

Wie dem auch sei. S.R. sitzt nach seiner Festnahme, die aufgrund eines internationalen Haftbefehls der italienischen Justiz erfolgte, in Untersuchungshaft in Schrassig. Henri Eippers, „Porte-parole de l’administration judiciaire“, bestätigte dem Tageblatt am Dienstag (13.8.), dass das Auslieferungsverfahren mittlerweile angelaufen sei. Dazu, wann die Auslieferung über die Bühne geht, konnte Eippers keine Angaben machen, da es zwei Prozeduren gibt. Ein langsames Verfahren und ein schnelles.