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Höhlenmenschen

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Vielleicht haben Sie ja am Dienstag die Karikatur auf unserer Meinungsseite gesehen. Im Meer treiben vier Flüchtlinge, doch von der Brücke des Schiffes in unmittelbarer Nähe hallen folgende Sätze: «Wenn wir euch retten, kommen wir vor Gericht. Ihr hättet in einer Höhle in Thailand auftauchen sollen.»

Die Rettungsaktion der thailändischen Nachwuchs-Mannschaft ist eines der wenigen TV-Ereignisse, das in den letzten Tagen mit den Liveübertragungen von der Fußball-WM konkurrieren konnte. Sie bewegte die Welt, und auch die Fußball-Welt. Gianni Infantino, der nicht mehr ganz so neue Pate der Geldvermehrungsmaschinerie namens FIFA, schrieb sogar einen Brief an den thailändischen Verband: «Wenn, was wir alle hoffen, die Spieler mit ihren Familien wiedervereint sind und ihre Gesundheit das Reisen zulässt, würde sich die FIFA freuen, sie beim Endspiel als Gäste zu begrüßen. Das wäre zweifellos ein wundervoller Moment der Gemeinschaft und der Feier.» Und ein wundervoller PR-Coup für den seit Jahrzehnten mit seinem, sagen wir mal, suboptimalen Leumund kämpfenden Fußball-Weltverband. Ob der abrupte Tapetenwechsel von der einsamen Höhle in die Käseglocke Fußball-WM der Gesundheit der Kinder förderlich ist, darf jedenfalls bezweifelt werden.

Vielleicht kommen die Höhlenkinder aber auch in die Loge von Diego Maradona, was den Sachverhalt dann wieder radikal ändern würde. Denn in Maradonas Loge herrscht seit WM-Beginn die reinste Anarchie. Der einstige Weltklasse-Mittelfeldmann raucht ungeniert die dicksten Berthas, obschon das Rauchen in Fußballstadien in unseren Breitengraden heutzutage mit einem Kapitalverbrechen gleichgesetzt wird. Und Maradona hat auch keine Probleme, unmissverständliche Fingerzeichen zu geben. Zudem redet er Tacheles: US-Referee Mark Geiger «mag viel über Baseball wissen, von Fußball hat er keine Ahnung», ätzte die Nummer zehn nach dem Achtelfinale Kolumbien – England und hatte in der Sache noch nicht einmal unrecht, so schlecht war Geiger an diesem Abend.

Die FIFA fand’s weniger lustig, schließlich ist Maradona als einer von fünf «Legenden» auf ihre Kosten vor Ort. Also entschuldigte sich Maradona artig via Twitter. Dabei denkt er durchaus, was er sagt. Beweis: «Ich bitte die Engländer ganz ehrlich und tausendmal um Entschuldigung. Aber ich würde es immer wieder tun», sagte er 20 Jahre nach der Aktion, die als «Hand Gottes» in die WM-Geschichte einging.