Bei hochsommerlichen Temperaturen um die 30 Grad wurde am Sonntag der dritte Spieltag der BGL Ligue ausgetragen. Es war das bisher populärste Wochenende der Meisterschaft, selbst zum Auftakt der Meisterschaft wurde der Durchschnitt von 560 Zuschauern nicht erreicht. Hauptattraktion war logischerweise das Escher Derby mit seinen 1.400 Schaulustigen. Auffällig ist allerdings, dass nur eine Begegnung zu einem späteren Zeitpunkt des Tages angesetzt war. Beim Duell gegen Strassen passierten in Petingen vor Anpfiff um 18.30 Uhr noch einmal 310 Menschen das Kassenhäuschen. Bringt es also etwas, die Anstoßzeiten aufzuteilen?
Eigene Erfahrung
Bis vor wenigen Monaten war es der Rümelinger Gérard Jeitz, der die Presse über die internen Klubentscheidungen informierte, wenn sich zwei Klubs darauf geeinigt hatten, ihre Begegnung zu verlegen. Seit dieser Saison kümmert sich bei der LFL (Lëtzebuerger Football Ligue) ein anderer Vereinspräsident um den Kalender. Thomas Gilgemann, Chef des Progrès Niederkorn, wollte neue Wege gehen und unterbreitete den BGL-Ligisten folgende Anstoßzeiten: Ein Spiel am Freitag um 20.00 Uhr, zwei Spiele am Samstag (17.30 und 20.00), vier Spiele am Sonntag (13.30, 16.00 und 18.30 Uhr) sowie ein Termin am Montagabend um 20.00 Uhr. Angebissen haben die Konkurrenten allerdings nicht.
Gilgemann kennt die unterschiedlichen Blickwinkel der Fußballvereine. Als Spieler stand er bis vor wenigen Jahren noch selbst auf dem Spielfeld, als Sportdirektor und Präsident versucht er inzwischen, die Interessen seines Vereins, Progrès Niederkorn, neben dem Platz voranzutreiben. „Ich kann mir vorstellen, dass es vielen Spielern nicht anders geht als mir damals: Spiele am Samstagabend erlauben es dir, am Sonntag etwas mehr Zeit mit der Familie zu verbringen.“
Was funktioniert?
Andererseits spiegeln die Eigeninteressen eines Spielers nicht unbedingt die Realität des Klubs wider. Denn „intern geht es jedem Klub in erster Linie darum, dass die sportlichen Ergebnisse stimmen“. Und in dieser Hinsicht ist der mögliche Komfort, den unterschiedliche Ansetzungen für die Zuschauer mitbringen, zweitrangig: „Es handelt sich nicht um eine Profiliga. Heißt, dass einige Spieler oder Leute aus dem Trainerstab an bestimmten Wochentagen aufgrund ihrer Arbeit nicht zur Verfügung stehen. Kein Coach wird sich für etwas entscheiden, das ihn benachteiligt“, erklärte Gilgemann.
Es gibt allerdings auch Alternativen, die funktionieren. Wie etwa eine spätere Ansetzung am Sonntag. In Niederkorn geht man davon aus, am zweiten Spieltag 200 zusätzliche Zuschauer im Stade Haupert gezählt zu haben, die bei einem Anpfiff um 16.00 Uhr nicht hätten vor Ort sein können: „Ich denke, dass es ein Viertel der Gesamtzahl dieses Tages ausgemacht hat. Es waren mindestens 50 Spieler der anderen Klubs dabei, die nach Abpfiff ihrer Spiele bei uns vorbeigeschaut haben.“
Für Gilgemann ist allerdings auch klar, dass die Uhrzeit alleine nicht ausschlaggebend für hohe Zuschauerzahlen ist. Generell sei der Monat August aufgrund des Kollektivurlaubs und der Sommerferien kein Gradmesser. „Wir haben keine Statistiken geführt über die einzelnen Ansetzungen. Es ist eher ein Ganzes, das funktionieren muss. Als der damalige Präsident Fabio Marochi und ich vor zehn Jahren die Bemühungen gestartet haben, den Verein attraktiver zu machen, standen wir bei den Zuschauerzahlen auf dem vorletzten Platz. Inzwischen kommunizieren wir regelmäßig in den sozialen Medien, laden unsere Partner und Jugendspieler ein und machen in der Umgebung weiterhin Plakat-Werbung.“
Wer profitiert?
Neben den Eigeninitiativen, die der Progrès in dieser Hinsicht betreibt, haben Verlegungen aber andere Vorteile für den Klub, die Zuschauer und die Presse: „Zuerst einmal profitiert der Klub von den zusätzlichen Einnahmen derjenigen, die von einem Stadion ins nächste fahren. Und auch die Fußballfans und die Presse haben dadurch die Möglichkeit, mehr Spiele zu sehen. Es wird möglicherweise mehr über diese Vereine berichtet. Durch die Medienpräsenz steigt wiederum die Visibilität.“
Laut Gilgemann ist auch die RTL-Live-Arena ein Faktor: Wer sich im Stadion befindet und demnach Eintritt gezahlt hat, um sich die Begegnung einer bestimmten Mannschaft anzusehen, ist wohl nicht allzu sehr daran interessiert, gleichzeitig ein anderes Spiel im Livestream anzuschauen. Das ändert sich allerdings, wenn mehrere Spiele an unterschiedlichen Wochentagen stattfinden. „Das bringt uns dann zu einer anderen Überlegung, die wir in den nächsten Monaten vorantreiben wollen: den TV-Geldern. Irgendwann muss es deshalb ein klares Topspiel geben, mit dem man werben kann. Das sind keine neuen persönlichen Erfindungen, sondern nur die Erkenntnisse aus dem Ausland.“
Neben der Programmierung der BGL-Ligue-Spiele werden die Live-Übertragungen daher bei der nächsten LFL-Versammlung im Monat September auf der Tagesordnung stehen. „Irgendwann müssen wir allerdings aufhören, uns zu beschweren, wenn wir nicht weiterkommen …“
Die Gegenargumente
Doch es gibt eine Reihe Argumente, die Vereinspräsidenten oder Trainer bislang stets davon abhielten, von der traditionellen Anstoßzeit abzuweichen. An oberster Stelle steht, wie bereits erwähnt, der sportliche Aspekt. Niemand wird auf berufstätige Fußballer verzichten. Zudem bleibt der Sonntagnachmittag das Zeitfenster, das den freiwilligen Helfern am ehesten zuspricht. Die goldene Anstoßzeit um 16.00 Uhr, nach einem Mittagessen im Kreise der Familie – so will es die Tradition: „Wir brauchen mindestens 25 Personen, um allen Anforderungen eines Heimspiels gerecht zu werden. Das geht von den Leuten an der Kasse über Getränkeausschank bis hin zu denjenigen, die sich um die Leinwand kümmern. Das betrifft dann nicht einmal die Betreuer und Co., die zum sportlichen Teil gehören“, erklärte Gilgemann.
Es gibt aber auch andere Faktoren und Besonderheiten bei Vereinen, die nicht unbedingt darauf zählen können, Zuschauer von anderen Plätzen anlocken zu können. Das gilt etwa für Wiltz, Rosport oder Mersch. Diese Vereine müssen also selbst abwägen, ob die Verlegung ihnen wirklich etwas nützt – sprich sportliche oder finanzielle Vorteile verschafft.
Vorgeschriebener Kalender
Die FLF lässt den Vereinen der BGL Ligue bei ihrer Kalenderplanung freie Hand, „solange alles im vertretbaren Rahmen bleibt“. Heißt auch, dass die LFL-Mitglieder Eigenverantwortung tragen, wenn es um Zuschauerzahlen geht. Für Gilgemann gibt es ein klares Ziel, das gemeinsam angesteuert werden muss: die TV-Gelder der Livestreams. „Der übergeordnete Gedanke dahinter ist ja, dass wir irgendwann einmal TV-Gelder einnehmen können. Im Ausland gibt es diese vorgeschriebenen Termine – und es sind die TV-Sender, die entscheiden, wer wann spielt. Die Vereine passen sich an, nicht umgekehrt.“ In diesem Bereich hinkt der Luxemburger Fußball der Konkurrenz aus dem nahen Ausland weit hinterher. Für den Franzosen wäre ein Finanzpartner, wie es der Namensgeber BGL für die Liga ist, die ideale Lösung in der TV-Gelder-Frage. „Auf jeden Fall wäre es der logischste Weg.“ Der Vertrag mit RTL wurde bis Ende der laufenden Saison verlängert.
So wird verlegt
Wenn sich zwei Vereine darauf einigen, ihr Spiel zu einem anderen Zeitpunkt als dem traditionellen 16.00-Uhr-Rahmen auszutragen, kümmert sich die LFL – also in diesem Fall Thomas Gilgemann – um alle weiteren Schritte: Er fungiert als Mittelsmann und informiert den Verband über die gewünschte Änderung. Im Normalfall muss sich spätestens zehn Tage vor dem besagten Termin abgeklärt werden. Die FLF zeigte sich bislang sehr kulant, was kurzfristigere Modifikationen anging. „Zudem versuchen wir derzeit, etwas weitsichtiger zu sehen und schon mehrere Wochenenden im Voraus zu planen“, fügte Gilgemann hinzu.
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