Headlines

HilfsbereitschaftArmes Albanien entsendet 30 Mediziner nach Italien

Hilfsbereitschaft / Armes Albanien entsendet 30 Mediziner nach Italien
Albanien hatte bereits früh – hier ein Bild aus Tirana vom 14. März – eine sehr strenge Ausgangssperre verhängt Foto: AFP/Gent Shkullaku

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In den 90er Jahren suchten Hunderttausende von Albanern Zuflucht in Italien. Nun reicht einer der ärmsten Staaten Europas dem Adria-Nachbarn in der Viruskrise selbst die helfende Hand – und hat 30 Ärzte nach Bergamo entsandt.

Das hilfsbedürftige Albanien hilft in der Not selbst dem Nachbarn. „Heute sind wir alle Italiener: Die Albaner lassen einen Freund in Schwierigkeiten nicht im Stich“, begründete Premier Edi Rama am Wochenende auf dem Mutter-Theresa-Flughafen in Tirana etwas theatralisch die Entsendung von 30 freiwilligen Ärzten und Krankenschwestern in das von der Pandemie besonders hart getroffene Bergamo: „Italien muss und wird diesen Krieg für uns und die ganze Welt gewinnen.“

„Sehr reiche Länder“ hätten in der Viruskrise den anderen „den Rücken gekehrt“, so Rama. Zwar könnten die 30 Angehörigen von Albaniens „kleiner Armee in weißen T-Shirts“ den Kampf gegen die „tödliche Kraft“ kaum entscheiden. Doch sein Land habe nicht vergessen, wie die „italienischen Brüder und Schwestern uns gerettet, begrüßt und in ihr Zuhause aufgenommen haben“, als Albanien „vor unbeschreiblichen Schmerzen brannte“.

Heute sind wir alle Italiener: Die Albaner lassen einen Freund in Schwierigkeiten nicht im Stich

Edi Rama, Albaniens Premierminister

Tatsächlich waren 1997 Zehntausende von Albanern auf rostigen und völlig überladenen Schiffen und Kähnen nach dem sogenannten „Lotterie-Aufstand“ in Panik vor Plünderungen, Gewalt und Armut über die Adria ins nahe Italien geflüchtet: Bis heute leben und arbeiten rund 400.000 Albaner im Nachbarstaat.

Obwohl die damaligen Schreckenszeiten für die 2,8-Millionen-Einwohner-Nation längst vorbei sind, gilt der EU-Anwärter bis heute als einer der ärmsten Staaten des Kontinents. Erst im Februar hatte eine Geberkonferenz ein Hilfspaket von 1,15 Milliarden Euro für den Wiederaufbau des Landes beschlossen: Bei einem Erdbeben der Stärke 6,3 hatten am 26. November 51 Menschen ihr Leben und Zehntausende ihr Heim verloren.

Dennoch hat der bitterarme Adria-Anrainer 11 Millionen Lek (85.000 Euro) für die Entsendung der Ärztemission nach Bergamo bereitgestellt: Mit der symbolischen Nachbarschaftshilfe will Tirana vermutlich auch die Erfolge der eigenen Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie demonstrieren. Schon Mitte März hatte Albaniens Regierung ihren Landsleuten eine sehr drastische Ausgangssperre von 13.00 bis 5.00 Uhr auferlegt und die Grenzen zu den Nachbarstaaten Griechenland, Kosovo, Montenegro und Nordmazedonien für den Personenverkehr abgeriegelt, um die Verbreitung des Virus abzubremsen. Zumindest der bisherige Erfolg gibt der harten Gangart recht. Während in Italien bereits über 10.000 Menschen gestorben sind, hat Albanien bei knapp 200 bestätigten Infizierten erst zehn Todesopfer zu beklagen.