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Niederkorns Superjoker Conrad AzongDer Sieben-Punkte-Mann

Niederkorns Superjoker Conrad Azong / Der Sieben-Punkte-Mann
Am 5. Februar entschied Conrad Azong durch seinen Treffer zum 2:1 in der 90. Minute die Partie gegen Düdelingen Foto: Editpress/Gerry Schmit

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Wenn Conrad Azong trifft, gibt es in Niederkorn immer etwas zu feiern. Der Progrès-Neuzugang aus Norddeutschland erzielte alle seine drei Saisontore in den Schlussminuten und sicherte seinem Verein dadurch sieben Punkte. Der 28-Jährige will sich jedoch nicht mit der Rolle des Superjokers zufrieden geben.

Glaube kann Berge versetzen. So auch bei Conrad Azong. Der Stürmer des Progrès Niederkorn bezeichnet sich selbst als gläubigen Christen. Durch den Glauben an späte Tore gelangen dem 28-Jährigen in dieser Saison drei Jokertore, die seinem Verein schlussendlich sieben zusätzliche Punkte in der Endabrechnung einbrachten. Nach einer schwierigen Hinrunde, hatten auch die Niederkorner Verantwortlichen um Teammanager Thomas Gilgemann und Präsident Fabio Marochi den Glauben an ihren neuen Stürmer nicht verloren. „Im Winter gab es ein Gespräch, und das war auch normal. Die Gespräche verliefen sehr gut, weil der Verein verstand, dass die erste Saisonhälfte nicht einfach für mich war. Dafür bin ich sehr dankbar. Für mich war aber von Anfang an klar, dass Niederkorn kein kurzes Intermezzo für mich sein wird. Schon sehr bald wird der Verein sehen, zu welchen Leistungen ich imstande bin“, sagt Azong.

Die Anfänge in Niederkorn waren geprägt von mangelnder Spielpraxis, einer Pattellasehnenverletzung und einem sehr späten Einstieg in die Vorbereitung. Zudem verpasste Azong nach einem Jochbeinbruch in der vergangenen Saison einige Monate beim deutschen Regionalligisten SF Lotte. „Mir war von Anfang an klar, dass die Hinrunde so laufen könnte“, sagt Azong, der erst nach der Winterpause zu einem wichtigen Faktor für den Progrès wurde. Bei den Siegen gegen den F91 (2:1) und gegen die Jeunesse (1:0) erzielte er nach seiner Einwechslung jeweils das entscheidende Tor. Gegen Rosport (3:3) brachte er frischen Wind und eine Vorlage. „Mein Anspruch ist es, Stammspieler zu sein. Ich bin nicht von Deutschland nach Luxemburg gewechselt, um nur ein paar Minuten zu spielen. Aber derzeit kann ich sehr gut mit der Jokerrole leben.“

Azong hat mit Mayron de Almeida (8 Tore, 9 Vorlagen) und Antonio Luisi (11 Tore, 2 Vorlagen) gleich zwei Hochkaräter als Konkurrenten. Der Neuzugang glaubt aber, dass er seinen Platz in der Stammelf finden wird: „Gute Spieler finden immer einen Weg, zusammen zu spielen. In der Wintervorbereitung und auch der Meisterschaft hat sich gezeigt, dass Toni (Luisi) und ich eine Garantie für Tore sind. Mayron (de Almeida) kommt eher über den Flügel. Außerdem hat Niederkorn keinen zweiten Spielertypen wie mich, und deshalb wurde ich auch geholt“, so Mittelstürmer Azong.

Dass der Deutsche mit kamerunischen Vorfahren überhaupt in Niederkorn landete, hat etwas mit Zufall, aber auch mit Beziehungen zu tun. Berater Sven Zahles hatte schon lange ein Auge auf den wuchtigen Stürmer geworfen, und als der Progrès auf der Suche nach einem Angreifer war, schlug die Stunde von Azong.

Frauenhaushalt und ein Frisör

Fußballerisch wurde der 28-Jährige erst sehr spät ausgebildet. „Ich wurde in Kamerun geboren, zog mit zwei Jahren nach Deutschland und dann wieder zurück nach Kamerun. Als ich zehn Jahre alt war, ließ sich meine Familie endgültig in Hamburg nieder. Davor war Fußball eigentlich nur eine gute Gelegenheit, aus dem Frauenhaushalt rauszukommen. Mein Mutter war alleinerziehend und ich hatte drei Schwestern. Da ist man froh, wenn man mal raus kann. Erst in Deutschland habe ich richtig Fußball gelernt. Und das merkt man heute. Mir fehlen teilweise die Basics. Ich lebe auf dem Platz sehr viel von meinem Willen und weniger von meinem Talent“, sagt Azong, der in den vergangenen Jahren vor allem in der norddeutschen Regionalliga und Oberliga zum Einsatz kam und vor zwei Jahren mit dem VfB Oldenburg 22 Tore erzielte.

Dass sein Weg irgendwann nach Deutschland führen würde, war eigentlich schon vorgezeichnet. Genau wie seine Schwestern Verena, Barbara und Anne-Marie trägt Conrad einen deutschen Vornamen. „Mein Onkel lebte 30 Jahre in Deutschland und hat meinen Eltern ein Namensbuch geschenkt. Aus diesem wurden dann nach und nach die Namen für meine Schwestern und mich ausgesucht.“ Seine afrikanischen Wurzeln haben ihm auch in Luxemburg geholfen, schnell Fuß zu fassen. „Als ich hierhin kam, kannte ich nur Tshomba Oliveira, der bei RM Hamm Benfica spielt. Danach habe ich viele andere Spieler beim afrikanischen Frisör in Esch kennengelernt.“

Conrad Azong ist zufrieden mit seinem bisherigen Leben in Luxemburg – auch weil seine Tochter und seine Ehefrau mit nach Niederkorn gezogen sind. Ein Titel mit seinem neuen Verein wäre die Kirche auf dem Kuchen. Aber Azong wiegelt erst einmal ab: „In Deutschland würde jetzt schon jeder vom Titel reden, in Niederkorn ist das absolut kein Thema, und das zeichnet den Verein aus. Es bringt nichts, ständig darüber zu reden und dadurch unnötig Druck aufzuladen. Nach dem Spiel an diesem Wochenende gegen Fola und danach gegen Hesperingen wissen wir mehr.“

Steckbrief

Name: Conrad Azong
Geboren am 27.3.1993 in Kumba (Kamerun)
Position: Mittelstürmer
Bisherige Vereine: Victoria Hamburg, Niendorfer TSV, FC St. Pauli, Hannover 96, Victoria Hamburg, Holstein Kiel, VfB Oldenburg, SF Lotte
Leistungsdaten Saison 21/22: 10 Spiele, drei Tore, eine Vorlage