Tageblatt-WM-Kolumne: Der schnellste Fußball aller Zeiten

Kürzlich habe ich meinen Bekannten wiedergetroffen. Sein Leben ist anstrengend geworden. Zu viele Fußballspiele, zu wenig Zeit. Im Büro hätten sie schon gemeckert.

Fußballspiele dauern einfach zu lange, wandte ich ein. Es wunderte mich nicht, dass er das anders sieht. Sein Blick dabei wunderte mich schon ein bisschen. Ein Spiel dauert 90 Minuten. Das ist so und das ist auch gut so, daran hat man sich gewöhnt, sagte er etwas zu streng, um mir dann vorzurechnen, dass die menschliche Blase trotz der bei Weltmeisterschaften gesteigerten Flüssigkeitsaufnahme des geneigten Zuschauers 45 Minuten über die Runde bringt. Das passe demnach, das solle so bleiben.

Ersteres wird jedoch eher schlimmer als besser, rechnete ich zurück. Es wird noch mehr Spiele geben. Bereits bei der nächsten Weltmeisterschaft werden so viele Teams dabei sein, dass sich am Ende nur zehn Nationen weltweit nicht qualifiziert haben werden (ich rechne nicht besonders gut). Wer also alles sehen will und trotzdem Job und Freundin behalten will, muss andere Wege gehen.

Und die gibt es. Die Amerikaner haben damit angefangen. Sie spielen ihre Hörbücher und Podcast-Krimis in doppelter oder dreifacher Geschwindigkeit ab. Um Zeit zu sparen. Um mehr davon hören zu können.

Wie ich die FIFA kenne, wird sie diese Zeilen lesen. Sie liest jeden Text, in dem ihr Name vorkommt. Deswegen erwähne ich ihn hier auch. Um der FIFA meine Idee mit auf den Weg zu geben, der auch mein Bekannter einiges abgewinnen kann: das vollkommen übertrieben schnelle Abspielen von Fußballspielen. Ein Produkt, nicht gleich an die Massen gerichtet, das aber, ist es erst einmal aus seinem Nischensegment herausgewachsen, bald zum Superhype wird.

Nach kurzer Reifung des Gedankens bin ich mir mittlerweile sicher, dass das kommen wird. Bei der nächsten WM, der Super-WM, sollte das Standard sein. Die Faszination rund um den Fußball beruht aber nicht nur auf den sportlichen Aspekten. Für alle noblen Gefühlsregungen von der Fremdscham bis zur Schadenfreude gibt es die Interviews. Ob die auch schnell abgespielt werden sollten, fragte mich mein Bekannter. Wir glauben ja.