Und nach den Ferien nun dies: Den Euro gibt es immer noch, Griechenland ist immer noch Mitglied der Eurozone, Spanien, Italien und Portugal sind ebenfalls noch nicht am Boden zerstört. Nun gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder ist die Lage nun doch nicht so extrem schlimm, wie sie vorher dargestellt wurde, Finanzspekulanten machen auch Sommerurlaub oder die europäische Wirtschafts- und Finanzwelt ist doch etwas robuster als oft dargestellt.
" class="infobox_img" />Serge Kennerknecht skennerknecht@tageblatt.lu
Letztere scheint die wahrscheinlichste Antwort auf diesen erstaunlichen Stand der Dinge zu sein. Denn eine Stärke des Euro, so wurde bei dessen Einführung argumentiert, sei es, dass er auf mehreren Wirtschaften fußt statt auf nur einer. Gerät einer dieser nationalen Märkte in Schwierigkeiten, können die anderen Märkte die Währung dennoch ausreichend stützen und absichern. Dieser Gedanke stammt natürlich aus sehr fernen Zeiten – damals, als es in Europa noch Menschen mit Weitblick gab, die auch an eine gemeinsame europäische Zukunft glaubten. Und zu Solidarität bereit waren. Vor 15-20 Jahren also.
Doch keine Angst, es geht munter weiter. Die Stimmung wird nämlich wieder angeheizt. Denn inzwischen hat sich in einigen Ländern eine Politikergeneration nach oben gearbeitet, deren Äußerungen in ihrer unverfrorenen Schroffheit nur noch von ihrer Unkenntnis der europäischen Entwicklung übertroffen wird.
Hemmschuh für Europa
Dass sich dabei besonders deutsche Politiker hervortun, die, wie Alexander Dobrindt, der Generalsekretär der deutschen CSU, selbstherrlich vom „bayrischen Zentrum der WeltZwar sind auch für sie die Grenzen in Europa abgeschafft. Doch leider ist dies bei manchen noch nicht bis ins Köpfchen vorgedrungen. Und so schwelgen sie denn in neu-nationalistischen Tönen, sehen selbstsicher Fehler nur bei den anderen.“ aus das europäische Geschehen diktieren wollen und dabei noch aber auch wirklich den letzten Rest an Höflichkeit für überflüssig halten, ist nicht neu. Neu ist, dass sich endlich auch Stimmen in Deutschland gegen diese dümmlichen parteipolitisch motivierten Sprüche auflehnen.hatte schon einmal Tradition jenseits des Rheins.
Was ist das für ein Land, in dem ein Politiker den Chef der Europäischen Zentralbank ungestraft als „Falschmünzer“ bezeichnen darf? Was sind das für Politiker, die den Rauswurf eines anderen Landes aus der Eurozone verlangen? Woher nehmen sie ihre Gewissheit? Es reicht doch wohl kaum aus, den wenig bayrischen Vornamen Alexander zu tragen, um ein besonderer Griechenlandexperte zu sein. Oder im Schatten hoher Berge in einem deutschen Freistaat zu leben, dessen Wirtschaft ohne die Europäische Union bereits „fertig“ wäre, wie der deutsche Außenminister Guido Westerwelle dem CSU-Mann auf der Konferenz der deutschen Botschafter entgegenhielt.
Denn der Chef der deutschen Diplomatie ist angesichts der in Deutschland zum Teil völlig an der Realität vorbei geführten, öffentlichen Diskussion über die Finanzkrise um den guten Ruf seines Landes besorgt. Er glaubt mittlerweile, wie er gestern in der Frankfurter Rundschau zitiert wird, dass die „teilweise sehr hässlichen Einlassungen“ über die deutschen Grenzen hinausstrahlen werden. Dass vieles von dem, was gesagt werde, „ein Bild der Respektlosigkeit gegenüber anderen europäischen Ländern“ zeichne. Und all dies das Ansehen Deutschlands in Europa und in der Welt beschädige.
Vor allen Dingen jedoch scheint er zu wissen, dass sein Land angesichts der innenpolitischen Debatte um die Eurozone nach außen hin immer weniger vertrauenerweckend wirkt, und dabei ist, zu dem zu werden, vor dem Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl im letzten Jahr gewarnt hat: zu einer unberechenbaren Größe. Und damit zu einem Hemmschuh für Europa. „Niemand investiert in Europa, wenn Europa nicht selbst an sich glaubt“, trifft Westerwelle den Kern der Krise.
Gut – besonders in Tagen, in denen Luxemburg der Opfer des Generalstreiks vom 31. August 1942 gegen das Naziregime gedenkt –, dass es in Deutschland auch solche Stimmen gibt.
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