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Homos, Werte und die Natur

Homos, Werte und die Natur
(AFP)

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Ob es nun, wie die französische Polizei schätzte, knapp 400.000 oder, wie die Organisatoren angaben, 800.000 waren, die am vorgestrigen Sonntag in Paris gegen die Homo-Ehe und die damit verbundenen Rechte (und Pflichten) demonstrierten, ist eigentlich zweitrangig.

Wohl mögen beide Zahlen auf den ersten Blick sehr eindrucksvoll wirken, doch sollte man an dieser Stelle nicht vergessen, dass Frankreich rund 65 Millionen Einwohner zählt. Alleine das Verhältnis Demonstranten/Einwohner lässt berechtigte Zweifel daran aufkommen, dass eine Mehrheit der Franzosen gegen das von François Hollande vorgeschlagene Gesetz sind. Eine direkte Schlussfolgerung bezüglich der Meinung der Franzosen lässt sich, anders als die Organisatoren mehrfach betont haben, nicht aus der Großdemonstration ableiten.

Tom Wenandy twenandy@tageblatt.lu

In einem Punkt aber haben die Demonstranten recht: Wie auf verschiedenen Transparenten zu lesen war, würde es nur zu einer Befruchtung kommen, wenn eine weibliche Eizelle und eine männliche Samenzelle sich (erfolgreich) begegnen. Sehr richtig! Biologie 6. Klasse (wenn nicht sogar früher).

Dies bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass zwangsläufig ein Mann und eine Frau sich „ganz fest drücken“ müssen, um ein Kind zu zeugen. Denn einerseits gibt es zahlreiche heterosexuelle Paare, denen der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, andererseits gibt es die In-vitro-Fertilisation.

Wenn man den Ultrakonservativen folgt, die sich alleine nur auf die „Natur“ (bzw. auf „Gottes Willen“) in ihrer Argumentation beziehen, dann dürfte ein Paar, bestehend aus Mann und Frau, bei denen es mit dem Kinderkriegen „nicht klappt“, auch nicht auf „künstliche“ Methoden zurückgreifen.

Streitthema Adoption

Ein weiteres Streitthema in Frankreich ist die geplante Möglichkeit für homosexuelle Paare, Kinder zu adoptieren. Es gibt zahlreiche Studien zu diesem Thema, die zu dem Schluss kommen, dass die Kinder von schwulen oder lesbischen Eltern weder Probleme mit ihrer Geschlechtsidentität oder ihrer Geschlechterrolle haben oder kriegen noch anfälliger für Verhaltensstörungen sind als andere Kinder.

Dies obwohl die gegenteilige Meinung bei vielen Bürgern im In- und Ausland aufgrund ihres klassischen Familienbildes immer noch vorherrscht.

Aber in Luxemburg ist wieder alles besser als anderswo. Hierzulande stehen wir sozusagen über den Problemen unseres Nachbarlandes. Denn wir machen es uns viel einfacher.

Was wohl auch damit zu tun hat, dass der vorliegende Gesetzentwurf nämlich von François Biltgen, also einem Christlich-Sozialen, redigiert wurde. Demnach sollen in Zukunft auch Homosexuelle „normal“ heiraten dürfen und man gibt ihnen sogar das Recht, das Kind des Partners zu adoptieren. Für Biltgen ist, wie er in einem Interview mit Le Quotidien gestern sagte, die Einführung der Homo-Ehe und das damit verbundene Recht einer „adoption simple“, eine Reform, die „unseren Werten von Fürsorge, von Solidarität und von Verantwortungsbewusstsein entspricht“. Wobei sich „unsere Werte“ auf die Werte der CSV bezieht.

Und damit ist auch schon alles gesagt. Von Volladoptionen für homosexuelle Paare will Biltgen nichts wissen. Oder wie sagt er so schön: „La loi peut organiser la société, mais on ne peut pas remplacer la nature.“

Gleichzeitig gibt der Justizminister aber auch zu, dass durch die Nichtzuerkennung der „adoption plénière“ immer noch eine wahre Diskriminierung hinsichtlich des Erbschaftsrechts vorliege. Aber das könne man ja über das Steuerrecht regeln. Schließlich würde es homosexuellen Paaren ja lediglich darum gehen, Eltern sein zu dürfen. Was ja mit dem Recht auf „adoption simple“ gewährleistet sei.

Woher weiß der Mann das nur alles?