Headlines

The times they are a-changin’

The times they are a-changin’
(AFP)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Passender konnte Bob Dylan kaum nach Luxemburg kommen, um ein (hervorragendes) Konzert zu geben. Der Barde stellte seine neuen Lieder vor, es bleibt, dass er u.a. Autor und Komponist des Allzeitfolkhits „The times they are a-changin’“ (die Zeiten ändern sich) ist, und dies tun „die Zeiten“ in Luxemburg zweifellos, und das schnell und mit dramatischen...

Die Partei, die seit 1979 ununterbrochen an den Hebeln der Macht saß – immerhin 34 Jahre lang –, muss in die Opposition, in eine Realität des demokratischen Spiels, das sie nicht mehr kennt und neu lernen muss.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Was ihr so überhaupt nicht leichtfallen will … Der neue Oppositionschef, Jean-Claude Juncker, war noch nie Parlamentarier, er hatte während seiner gesamten politischen Laufbahn einen Staatsminister- oder wenigstens Ministerposten inne. Er wird sich demnach in die Kammerarbeit, in die entsprechenden Reglemente, aber auch in die Gepflogenheiten unter Parlamentariern regelrecht einarbeiten müssen, um seine Fraktion führen zu können.

Apropos Gepflogenheiten unter Parlamentariern: Hier fiel vergangene Woche ein ohnehin amoklaufender Parteipräsident der Christlichsozialen (wieder einmal) unangenehm auf, als er seinen neuen „Kollegen“ Justin Turpel mit einem ebenso überflüssigen wie tumben „Moien du Aasch, bass du och elo hei?“ begrüßte, was ihm und seiner Partei prompt zu steigender Prominenz, selbst in Kreisen der Bevölkerung verhalf, die ansonsten kaum Interesse an der nationalen Politik haben.

Nervosität auch in Kommunen

Allerdings hätte die CSV wohl auf solche Reklame bereitwillig verzichten können. Die Partei steht offensichtlich unter Schock, hat sich noch überhaupt nicht in ihre neue Rolle hineingefunden und trägt – was neu ist – ihre internen Kämpfe in aller Öffentlichkeit aus. Die Jugendorganisation gibt den „Alten“ auf einmal öffentlich Ratschläge und übt Kritik in einer Weise, wie sonst nur Jusos mit ihrer Mutterpartei umspringen, einige frühere Minister scheren aus und positionieren sich – so hat man den Eindruck – für 2018 und von einigen hört man überhaupt nichts mehr. Der glücklose Generalsekretär Laurent Zeimet musste gar den Bettemburger Gemeinderat unterbrechen, um widerspenstige Parteikollegen auf Linie zu bringen; kurz gesagt, die CSV steckt in einer beispiellosen Führungskrise.

Derweil machen die drei neuen Koalitionäre einen Eindruck von Gelassenheit und Ruhe, spulen souverän ihre Verhandlungen ab und haben – so scheint es jedenfalls – keine große Mühe, sich auf ein Regierungsprogramm zu einigen. Bereits kommende Woche wollen sie ihre Ministerriege präsentieren.

Auch wenn sie – die Wirtschaftskrise hält sich im sechsten Jahr – keine allzu großen Haushaltssprünge machen können, so ist zu erwarten, dass endlich eine ganze Reihe von gesellschaftspolitischen Reformen in Angriff genommen wird.

Und damit wären wir wieder bei Bob Dylan: „The times they are a-changin’.“

Endlich.