Headlines

Onkel Jangs Abgang

Onkel Jangs Abgang
(dpa)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Onkel Jang ist von uns gegangen. Sein unverhoffter Hinschied erfolgte auf Geheiß seines kleinen dicken Neffen. 90 Kalaschnikow-Kugeln soll man ihm in den Leib gepumpt haben. Umso mehr als sich vorher noch die Folterknechte des Regimes an ihm delektieren gedurft haben sollen.

Tante Kim, die Gemahlin des so unheilvoll Verblichenen, wurde indes nicht füsiliert: Immerhin ist sie Fleisch vom Fleische des Großen Führers Kim Il-sung. So eine kann man dann doch nicht so zwanglos plattmachen wie einen Eingeheirateten.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Sie bleibt in Amt und Würden. Vorerst mal. Denn ihr könnte durchaus irgendwann demnächst ein bedauerlicher Schicksalsschlag widerfahren: Ein kleines Herzkasperl est si vite arrivé. Und ihr Bruder, der Geliebte Führer Kim Jong-il, war sich schließlich auch nicht zu schade, auf diese Weise aus dem Kreise der Lebenden zu scheiden. Nun ja, wenigstens traf die mörderische Wut des Obersten Führers Kim Jong-un keinen Unschuldigen: Onkel Jang war immerhin bis zu seiner Entmachtung die Nummer zwei des nordkoreanischen Verbrecherregimes und dürfte mithin Zehntausende Menschenleben auf dem Gewissen haben.

„Schlimmer als ein Hund“

Was einem mehr Sorgen bereiten sollte, ist die Sprache, in der Kim Jong-un der Welt Anklage und Urteil gegen Jang kundtun ließ: Seine Verbrechen sollen „jede Vorstellungskraft überfordert“ haben. Jang sei ein „verachtungswürdiger menschlicher Abschaum, schlimmer als ein Hund“. Ferner: Sein Verrat sei „dreifach verflucht“. Stalin ist erstanden: Eines der schlimmsten Verbrechen, die Onkel Jang vom Regime öffentlich vorgeworfen wurden, war nämlich folgendes: Als seinem Neffen eine wichtige Beförderung zuteil wurde, „spendete er nur halbherzig Applaus“.
Personenkult ist, wie man sieht, etwas Todernstes!

Aber hier liegt nun das eigentliche Problem: Wer so redet, hat nicht nur einfach ein Rad ab, er ist gemeingefährlich. Und wenn so einer über die Atombombe verfügt, dann hat der Rest der Welt ein Problem.

Das kommunistische Regime Nordkoreas hat nur ein einziges Pfund, mit dem es wuchern kann, und das ist seine Armee. Mit dieser erpresst es Südkorea, aber auch Japan und die USA: Entweder diese verschaffen ihm jene Subventionen, die das Überleben des Regimes garantieren, oder es hagelt Kriegsdrohungen.

Eine ziemlich unglückliche Rolle
spielt in diesem Stück China: Zwar war Onkel Jang offenbar der Mann Pekings an Kims Seite, doch hat er auch damit seinen Kopf nicht retten können. Nun wissen die Chinesen definitiv, dass auch der junge Kim nicht nach ihrer Pfeife tanzen wird. Trotzdem wird China Pjöngjangs Stalinisten weiterhin gewähren lassen. Man kann sich seine Freunde halt nicht immer aussuchen.

Und währenddessen steht dem nordkoreanischen Volk ein weiterer Hungerwinter ins Haus …