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Von Ignoranz und Vorurteilen

Von Ignoranz und Vorurteilen
(dpa-Archiv)

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Der Duden definiert homophob als „eine starke (krankhafte) Abneigung gegen Homosexualität habend“. Welche Folgen diese „starke Abneigung“ hat, können Homosexuelle an allen Ecken dieser Welt bezeugen.

In Uganda sieht ein neues Homosexuellengesetz lebenslange Haftstrafen für Schwule und Lesben vor. „Homosexuelle Handlungen“ können in Malaysia 20 Jahre Gefängnis und Stockschläge zur Folge haben. In Guyana sind „schwule Kontakte“ als „grobe Unzucht“ eingestuft. In Russland werden „positive Äußerungen“ über Homosexualität unter Strafe gestellt. Diese kleine Weltreise der Diskriminierung weist auf, dass wir noch weit entfernt sind von dem propagierten aufgeklärten neuen Jahrtausend.

Damien Valvasori dvalvasori@tageblatt.lu

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern die sexuelle Vorliebe einer Person einem das Recht gibt, gegen diese Gefängnisstrafen auszusprechen geschweige denn Gewalt anzuwenden. Man muss kein eingefleischter Humanist sein, um bei dieser Frage auf die Menschenrechte zu verweisen. So verurteilt die Erklärung der Vereinten Nationen über die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität u.a. Gewalt, Verhaftungen und den Entzug von sozialen Rechten. Auch die EU-Grundrechtecharta verbietet Diskriminierung „wegen der sexuellen Ausrichtung“.

Sexualunterricht gefordert

Wie legitimiert also beispielsweise Wladimir Putin sein Gesetz gegen eine sogenannte „Homosexuellen-Propaganda“? Wie viele andere homophobe Menschen rechtfertigt auch der russische Staatspräsident sein diskriminierendes Handeln mit dem Schutz von Kindern. Man wolle diese vor einer „Beeinflussung“ und „psychischen Schäden“ schützen.

Womit wieder zwei Klischees bedient wären: Kinder können zur Homosexualität erzogen bzw. verführt werden und Homosexuelle sind pädophil. Eine Korrelation zwischen Homosexualität und Pädophilie konnte bisher nie nachgewiesen werden. Das Berliner Universitätsklinikum Charité kommt sogar in einem Pilotprojekt aus dem Jahr 2005 zu dem Ergebnis, dass sich die Anzahl von homosexuellen Pädophilen nicht nennenswert von der von heterosexuellen unterscheidet. Ein angeblicher Zusammenhang zwischen Homosexualität und Pädophilie wird jedoch gerne von Homophoben konstruiert, da in der Gesellschaft wohl kaum etwas mehr verabscheut wird als das sexuelle Interesse an Kindern. Vor solchen Hetzkampagnen macht auch die katholische Kirche keinen Halt.

So hat der ehemalige Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone behauptet, dass zwischen Kindesmissbrauch und Homosexualität eine Verbindung bestehe. Konkrete Quellen wurden natürlich nicht genannt. Alleine das Streuen von Gerüchten reicht aus, um Ignoranten in ihrer Homophobie zu stärken.

Was die Entstehung der Homosexualität betrifft, kann man bis heute keine genauen Erklärungen vorweisen. Unter Experten ist man sich jedoch einig, dass biologische Faktoren eine dominante Rolle spielen. So haben US-Forscher um den Evolutionsbiologen William Rice im Dezember 2012 eine Studie veröffentlicht, laut der die Ursache von Homosexualität in der Genregulation liegt.

Die Überzeugungen von Homophoben kennzeichnen sich demnach hauptsächlich durch Unkenntnis und Vorurteile aus. Eine Einstellung, die vielen Schwulen und Lesben teuer zu stehen kommt.

Eigentlich müssten Ausführungen wie diese im Jahr 2014 anachronistisch sein und von einer längst vergangenen Gesellschaft berichten. Ignoranz und blinde Hetze machen die Diskriminierung von Homosexuellen jedoch zu einem weltweit akuten Thema. Aufklärungskampagnen und Sexualunterricht an Schulen stehen demnach noch vor einer großen Aufgabe.