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Bayreuth in der Krise

Bayreuth in der Krise
(dpa)

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Die Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth scheinen immer mehr an Bedeutung zu verlieren. Dies liegt vor allem daran, dass die Festspielleitung es allen recht machen will und damit niemanden mehr wirklich anzieht.

Wenige Tage vor Beginn der Bayreuther Festspiele gab es noch Karten. Sogar für die Eröffnung am vergangenen Freitag. Das grenzt an eine Katastrophe. Die Zeiten, als Bayreuth noch fünffach überbucht war, sind definitiv vorbei.

Logo" class="infobox_img" />Janina Stroetgen jstroetgen@tageblatt.lu

Viel Prominenz blieb aus. Auch der Platz von Kanzlerin Angela Merkel blieb in diesem Jahr leer.

Während sie zur Fußballweltmeisterschaft von ihrem Dauerticket Berlin – Brasilien ordentlich Gebrauch machte, ist ihr Berlin – Bayreuth wohl die Anstrengung nicht wert. Es scheint nicht mehr zum Ehrenkodex einer Bundeskanzlerin zu gehören, in Bayreuth über den roten Teppich zu stolzieren und Hochkultur zu genießen.

Die Blitzlichter und das „Sehen und Gesehenwerden“ in Bayreuth sind wohl nicht mehr lukrativ genug. Ein Jahr nach dem 200. Geburtstag ihres Namensgebers hat der Mythos um die Richard-Wagner-Festspiele doch ziemlich gelitten. Dieses Jahr ist besonders trostlos, nicht einmal eine Premiere steht auf dem Programm. Nur Wiederaufnahmen, die zu allem Überfluss auch noch ziemlich schlechte Kritik ernteten. Von Publikum und Kritikern gleichermaßen. Ein ausgebuhter „Tannhäuser“, ein langweiliger „Holländer“ und dann auch noch ein Frank Castorf, der sich nun, nach seiner mäßig gefeierten Ring-Inszenierung, Nebenschauplätze sucht, um für Schlagzeilen zu sorgen. Talkshows etwa oder gleich Gerichtssäle. In einem dreiseitigen Spiegel-Interview wirft er der Festspielleitung verordnete Umbesetzungen, „Angst, Vorsicht, vorauseilenden Gehorsam“ und Zensur vor, vergleicht die Festspielordnung mit der DDR und droht mit Klage.

Weniger Elite, mehr Popularität

Und die Festspielleitung? Tja, eigentlich fing der Wechsel 2008 noch recht vielversprechend an. Die beiden Schwestern Eva Wagner-Pasquier, die ältere, und Katharina Wagner, die jüngere, bekamen von ihrem Vater das Zepter in die Hand und versprachen, den Festspielen neuen Glanz zu verleihen.
Der Plan: Weniger Elite, mehr Popularität. Abgesehen von den Schlagzeilen um Familienstreitereien, Hakenkreuzskandale, Rauswürfe oder einstweilige Verfügungen ging der Plan hin zu mehr Popularität jedoch nicht auf. Ganz im Gegenteil. Bayreuth, einst das Mekka für die internationale Wagner-Gemeinde und von jeher der Ort polarisierender Wagner-Inszenierungen, scheint in einem großen Wirrwarr zu ertrinken. In der Mitte stehen Wagner und seine Musik. An ihm wird nun von allen Seiten gezerrt. Das eher konservative Traditionspublikum, provokante Regisseure, die kopulierende Krokodile zeigen, Presse, der es Spaß macht, den Finger in die Wunde zu legen, und zwei Schwestern, die auch öffentlich nie ein Geheimnis daraus gemacht haben, nicht am selben Strang zu ziehen.

Da kann man es den Seilzügen auf der Bühne wirklich nicht übel nehmen, einfach zu reißen und so dem Eröffnungsabend eine ungewollte Pause zu bescheren. Zum In-sich-gehen, zum Nachdenken über Kunst und über Show, über Tradition und Familie, frischen Wind und Neuorientierung. Und siehe da: Eva Wagner-Pasquier hat angekündigt, sich nach 2015 als Leiterin der Festspiele zurückzuziehen. Katharina, die dann alleinige Chefin, hingegen hat sich etwas besonders Raffiniertes ausgedacht, um zumindest den Streitereien zwischen Regisseuren, die die Freiheit der Kunst bedroht sehen, und der Festspielleitung, die um ihr Publikum bangt, aus dem Weg zu gehen. Die 2015 geplante Neuinszenierung von „Tristan und Isolde“ inszeniert sie einfach selbst. Das spricht Bände …

(Janina Strötgen/Tageblatt.lu)