Ein regelrechter semantischer Kulturkampf wurde darüber geführt, ob Bettel nun bloß Worte formulierte statt Taten anzukündigen (wie anders als mit Worten soll man übrigens so etwas während einer Rede tun), oder ob die Taten der Regierung nicht allzu vieler Worte bedürfen, weil sie eben für sich selbst stehen.
" class="infobox_img" />Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu
Jedenfalls brauchte Bettel weniger Text als noch vor einem Jahr, als er quasi eine „Regierungserklärung bis“ lieferte.
Die größte Oppositionspartei, die CSV also, die sich immer noch in einem Selbstfindungsprozess inklusive Mitgliederbefragung befindet, störte besonders, dass die Rede keine Visionen gehabt habe und nicht konkret genug gewesen sei. Das erinnert uns unweigerlich an die zahlreichen und sich wiederholenden Ankündigungen von Bettels Vorgänger, der geradezu Spezialist in diesem Fach war und zusätzlich die Angewohnheit hatte, wichtige Probleme des Landes zur Chefsache zu erklären, um diese dann unbehandelt auszusitzen.
So wurde unter den aufeinanderfolgenden CSV/LSAP-Regierungen die Wohnungsnot des Öfteren in Reden zur Lage der Nation zum speziellen, vorrangig zu behandelnden Dossier erklärt, das Juncker selbst und höchstpersönlich zu übernehmen gedenke. Ähnliches kann über die „simplification administrative“ berichtet werden.
An Visionen sparte Juncker dafür nie, ebenso wenig wie an rhetorischen Kapriolen, die so in Bettels eher nüchterner Rede nicht vorkamen. Wie meinte dazu der legendäre deutsche Sozialdemokrat Herbert Wehner: „Wer Visionen hat, soll zum Augenarzt.“
Von diesen „visionären Gedanken“ einmal abgesehen, stimmt es, dass manches in der Rede vom Dienstag nicht vorkam. So wurde wenig über soziale Maßnahmen gesagt, die wenigstens einen Teil des Kaufkraftverlustes der letzten Jahre wettmachen könnten. Dies sollte vor allem über die Steuerreform 2017 geschehen, die in der Rede nicht vorkam. Die angekündigte Öko-Bank, die vor und nach den Wahlen stark von der DP promotet wurde, scheint ebenfalls noch nicht auf der Tagesordnung zu stehen. Dabei wäre die Umsetzung dieses Instruments zur energetischen Sanierung von Wohnraum, ohne Eigenkapital, sowohl für die Umwelt als auch für das Handwerk eine feine Sache. Die sektoriellen Pläne, die zurückgezogen werde mussten, kamen ebenso wenig vor wie die Kulturpolitik. Dafür gab es eine Reihe von Ankündigungen, die von der Strategie „Digital for Education“ bis zu einem verbesserten Informationszugang für Bürger bei den Behörden reichte. Die langjährige Forderung der Presse nach einem Informationszugangsrecht für Journalisten wird übrigens nicht mit der Zusage erfüllt, in den Ministerien würden nun künftig kompetente Gesprächspartner zur Verfügung stehen und der staatliche Pressedienst werde reformiert.
Positiv fiel jedenfalls die Ankündigung auf, dass Mietzuschüsse an sozial Schwache gezahlt werden und die staatliche Wohnungspolitik eine Neuorientierung erfahren werde.
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