Doch dazu kam es nicht. EP-Präsident Martin Schulz hatte die Abstimmung vertagt, mit dem Argument, es lägen zu viele Änderungsvorschläge vor. Kritiker, auch des Freihandelsabkommens, warfen ihm daraufhin vor, er würde damit nur kaschieren wollen, dass seine Sozialdemokraten im EP zerstritten seien. Nicht nur formal hatte der EP-Präsident aber richtig gehandelt. Denn es bestand eine gewisse Unübersichtlichkeit im EP darüber, wie die Abstimmung ausgegangen wäre, insbesondere was die umstrittenen Schiedsgerichte anbelangen würde. Und nicht nur die Sozialdemokraten stellen sich offenbar die Frage, was sie in Sachen Schiedsgerichte verlangen sollen. Auch in anderen Fraktionen schien diese Angelegenheit nicht klar ausdiskutiert worden zu sein.
" class="infobox_img" />Guy Kemp
gkemp@tageblatt.lu
Keine privaten Schiedsgerichte
Insbesondere in dieser Frage aber könnten die EP-Abgeordneten viel bewegen, wenn sie ihre Forderungen klar formulieren würden. Immerhin müssen zumindest die EU-Parlamentarier – wünschenswerterweise auch ihre nationalen Kollegen – dem Abkommen zustimmen, damit es überhaupt auch in Kraft tritt. Zumindest die großen Fraktionen (Konservative/EVP, Sozialdemokraten und Liberale) haben sich gegen private Schiedsgerichte ausgesprochen, die keiner Öffentlichkeit Rechenschaft schuldig sind, und verlangen öffentliche Gerichte, die mit Investor-Staat-Streitigkeiten befasst werden sollten. Andere Fraktionen, vor allem die Grünen und Linken, wollen die Schiedsgerichte ganz abschaffen. Doch werden längst andere Wege beschritten. Der Berichterstatter im EP, Bernd Lange, will, dass sich in einer ersten Phase nationale Gerichte mit Investor-Staat-Streitigkeiten befassen müssten. Als zweite Instanz könnte dann ein öffentliches Schiedsgericht angerufen werden. Dieses sollte erst auf bilateraler Ebene zwischen der EU und den USA funktionieren, später sollten andere Staaten mit einbezogen werden. Ob allerdings auch die USA in diese Idee einwilligen werden, ist offen. Die Forderung nach dem von Lange beschriebenen Weg sollte von den EP-Abgeordneten gestellt und als Bedingung für eine Zustimmung zu TTIP erhoben werden. Denn sie würde zu jener Transparenz führen, die auch andere Gerichte, wie den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof oder den Internationalen Gerichtshof, bereits auszeichnen. Das Vorhaben könnte auch kleineren Staaten, die sich mit der Hoffnung, über ein Freihandelsabkommen zu mehr wirtschaftlicher Entwicklung zu gelangen, an große Staaten gebunden haben, mehr Sicherheiten bieten.
Dass die letzten Entwicklungen zu den Schiedsgerichten aus der bisherigen Dynamik der öffentlichen Diskussionen über die TTIP-Verhandlungen und dem von Nichtregierungsorganisationen aufgebauten Druck heraus entstanden sind, ist unbestreitbar. Diese Dynamik gilt es nun weiter aufrechtzuerhalten, damit sich die Dinge weiter in die richtige Richtung bewegen.
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