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Höher und schneller

Höher und schneller
(Tageblatt)

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Ab heute ist das Glacisfeld in Luxemburg wieder das Ziel für Tausende und Abertausende In- und Ausländer. Europas sechstgrößte Kirmes ist der Magnet schlechthin für Jung und Alt.

In den letzten Tagen haben Schausteller aus vieler Herren Länder ihre Spiele, Manegen, Verkaufsbuden, Lotterie-Stände, Ess- und Trinktempel nach genauen Plänen aufgebaut und möchten nun für ihre mühselige Arbeit belohnt werden.

Roger Infalt rinfalt@tageblatt.lu

Dass eine solche Kirmes ihre Wichtigkeit hat, darüber sind sich nicht nur Psychologen einig. Das, was auf der „Fouer“ geboten wird, geht weit über reine Belustigung hinaus. Früher freuten sich die Besucher dieser Messe über Boxkämpfe, über die dickste Frau der Welt, über den stärksten Mann im Universum, über Zauberer und Gaukler. Heute, in einer Zeit, wo die elektronischen Spiele bereits in den Kinderwiegen Einzug gehalten haben, muss schon mehr geboten werden, damit Serotonin und Dopamin im menschlichen Körper freigesetzt werden. Schneller, höher, weiter, lauter, gefährlicher und aufregender als im Vorjahr muss die Kirmes schon sein.

Dabei ist die „Schueberfouer“ weit mehr als nur „höher, schneller usw.“. Sie hat auch heute noch den Charakter eines wahren Jahrmarkts, wie man ihn in der Großregion und darüber hinaus kaum noch antrifft. Die unzähligen Restaurants und vor allem die Krämerläden in der Scheffer-Allee erinnern an die frühere „Fouer“.

Jahrelang gab es Pläne für einen Jahrmarkt in Luxemburg. Doch erst am 20. Oktober 1340 war es der König von Böhmen und Graf von Luxemburg, Johann der Blinde, der diesen Markt ins Leben rief. „Elle (la foire) commencera chaque an la veille de la fête de Saint-Bartholomé, et durera huit jours continuels …“

Anfangs wurde die „Schueberfouer“ auf der „Schuedburg“ (heute Heilig-Geist-Plateau) abgehalten. Historiker schließen nicht aus, dass der Markt auch dadurch seinen Namen erhielt: „Schuedburg“, später „Schuedmiss“ und dann „Schuebermëss“. Erst 1610 zog dieser Markt auf den Limpertsberg um, unweit des heutigen Standorts. Es dauerte immerhin bis 1844, bevor die ersten Varietés auf der Schobermesse Einzug hielten, und erst Anfang des 20. Jahrhunderts kamen Riesenrad und Achterbahn hinzu.

Warum dieser historische Exkurs? Wir wollen damit unterstreichen, dass dieses Fest seit jeher weit mehr als nur eine Kirmes ist. Es ist eine Mischung aus Markt, Rummelplatz, Tradition und Kultur. Das Glacisfeld wird bis zum 9. September wieder der Ort sein, an dem man sich trifft, an dem man zusammensitzt, an dem man den traditionellen „gebakene Fësch“ isst, an dem man das Glas hebt, feiert, lacht, spielt, singt und tanzt. Der Ort, an dem man sich sieht und an dem man gesehen werden will. Ein Treffpunkt für Jung und weniger Jung, quer durch alle sozialen Schichten.
Die Alltagssorgen bleiben zu Hause, die Hiobsbotschaften aus aller Welt sind für Stunden vergessen. Was zählt, ist die Belustigung, die Losgelassenheit, die Euphorie. Letztere sorgt für eine kurzzeitige Steigerung des Selbstwertgefühls sowie des Zutrauens in die eigenen Fähigkeiten.

Demnach: Rein ins Getümmel!